09.01. 2009: Naturwissenschaftlicher Treff

19:30 Uhr Harmonie-Gebäude

Kurzbericht: Georg Büttner

Wie alljährlich zum Anfang des Neuen Jahres startete dieser Treff mit einem allgemeinen Erfahrungsaustausch insbesondere über die zukünftige Mitarbeit im Verein bei Programmgestaltung, Internetauftritt sowie bei der Vitrinengestaltung (Trias) im neuen Umfeld. Dieser Treff war gut besucht, im kleinen Kreis setzten wir das Treffen bei einem „Nachkolloquium“ fort.

Anregungen der Teilnehmer:

Im nächsten Programm soll mindestens eine zusätzliche möglicherweise biologisch/botanische Veranstaltung speziell für Familien/Kinder angeboten werden.

Im Programm soll, falls möglich, die voraussichtliche Dauer und sowie die Zielgruppe angegeben werden (z.B. auch für Familien geeignet, Fund- oder Sammelmöglichkeit, Naturerleben etc.).

Die Kosten der Einzelveranstaltungen sollten für Nichtmitglieder erhöht werden, um den Beitritt zum Verein attraktiver werden zu lassen.

Weitere Ergebnisse:

Im Internet-Team arbeiten zurzeit Wolfgang Spieß und Ralf Rudolph. Daneben hat Werner Drescher seine Mitarbeit angeboten.

Für den Interessenskreis „Trias-Vitrine“ konnten leider keine weiteren Mitstreiter gefunden werden (Ansprechpartner: Günter Stürmer).

Hinweis:

Der nächste Initiativ-Treff nach dem Erscheinen dieses Mitteilungsheftes ist im 08. Januar 2010 um 19:30 Uhr, im Harmonie-Gebäude, Brückenstraße 39, 1.OG (Bibliothek)

Weitere Mitarbeiter sind willkommen und erwünscht!

06.02.2009: Vortrag: J.-H. Fabre – Homer der Insekten

Referent und Bericht : Manfred Zobel, Schweinfurt

19:30 Uhr Harmonie-Gebäude

J.-H. Fabre – Homer der Insekten

Bericht von Manfred Zobel

Der französische Insektenforscher Jean-Henri Fabre (Abb. 1 aus: Wikipedia, (deutschland, France) wird am 21. Dezember 1823 in Saint-Léon-du-Lévezou, einem kleinen Ort im südlichen Zentralmassiv, als Kind einfacher Bauern geboren. Schon als Hütebub für Schafe und Gänse stellt er in der ihn umgebenden Natur ausdauernde Beobachtungen an, erhält jedoch keinen diesbezüglichen Unterricht. Zwischen 1833 und 1840 zieht die Familie auf der Suche nach einer wirtschaftlichen Existenz in mehrere südfranzösische Städte. Als der Schulbesuch nicht mehr finanzierbar ist, bricht Fabre seine Ausbildung ab und verdingt sich als Arbeiter beim Eisenbahnbau. Schließlich beteiligt er sich an einem Wettbewerb um ein Stipendium für die Lehrerbildungsanstalt in Avignon und wird angenommen.

1842 tritt Fabre seine erste Stelle an einer Primarschule in Carpentras in der Nähe von Avignon an. Lehrer hatten damals einen niedrigen Sozialstatus und wurden miserabel bezahlt. Fabre lebt im Schulgebäude und isst am Tisch seines Prinzipals mit. Lehrpläne gibt es nicht. So folgt er seinen Neigungen und arbeitet sich in die damals gering geschätzten naturwissenschaftlichen Fächer ein. Gleichzeitig beginnt er Lebensweise und Verhalten verschiedener Insekten eingehend zu beobachten und darüber Aufzeichnungen anzufertigen.
Nach Heirat und Geburt von zwei Kindern, die allerdings bald sterben, übersiedelt Fabre 1849 nach Ajaccio auf Korsika. Hier wird er Gehilfe der französischen Botaniker Esprit Requien (1788-1851) und Alfred Moquin-Tandon (1804-1861). Der Erstgenannte beeindruckt ihn durch nüchterne Systematik, der zweite durch elegante Stilistik.

1853 erhält Fabre eine Professur am Lycée in Avignon, was ungefähr dem Studienrat an einem heutigen Gymnasium entspricht – allerdings nicht in finanzieller Hinsicht. In dieser Zeit liest er ein Werk des Nestors der damaligen französischen Entomologie Léon Dufour (1780-1865) über die Gattung der Knotenwespen (Cerceris), insbesondere Cerceris bupresticada. Diese Wespe fängt Prachtkäfer der Gattung Buprestis, bringt sie in ihren Bau ein und legt Eier darauf ab. Die ausgeschlüpften Maden verzehren den Käfer. Dufour behauptete, dass die Käfer tot sind, aufgrund des antiseptischen Gifts der Wespe aber nicht verwesen. Fabre weiß jedoch, dass alle Konservierungsmethoden das Nahrungsmittel verändern. Er beobachtet selbst und entdeckt, dass die Käfer nicht tot sind: Sie entleeren den Darm und Strom führt zur Kontraktion der Muskeln. Cerceris tötet die Beute nicht, sondern lähmt sie durch Stiche. Entscheidend ist dabei nicht ihr Gift, sondern die Stelle der Verletzung: die Ganglienknoten, das sind die Nervenzentren des Käfers, die Flügel und Beine erregen.

Fabre verfasst ein Memorandum, das 1855 in den „Annales des Sciences naturelles“ unter dem Titel „Beobachtungen über die Verhaltensweisen der Cerceris und über die Ursache der langen Konservierung der Coleopteren, mit denen sie ihre Larven versorgen“ erscheint. Dufour gratuliert und Darwin wird ihn später den „unnachahmlichen Beobachter“ nennen.

Nach seiner Promotion in Botanik und Zoologie hofft Fabre auf eine Universitätslaufbahn, was damals eigene finanzielle Mittel erfordert, über die er wiederum nicht verfügt. Er publiziert Studien über den Olivenblätterpilz, die Metamorphose der Grabwespen und die der Ölkäfer. Um angesichts der steigenden Kinderzahl, es sind mittlerweile fünf, seine ökonomische Situation zu verbessern, schreibt er ab 1862 mehrere Lehrbücher und populärwissenschaftliche Werke (z.B. „Die Erde“, „Die Chemie des Onkel Paul“). Sie erleben teilweise über ein Dutzend Neuauflagen und werden in mehrere Sprachen übersetzt.

1870 gerät Fabre in politische und persönliche Schwierigkeiten. Der damalige Erziehungsminister Duruy, der sich für Erwachsenenbildung und Frauenförderung einsetzt, stürzt unter dem Druck klerikaler Gegner. Fabre wird attackiert und verliert einen Teil seiner Einkünfte. Verzweifelt wendet er sich an den englischen Politiker und Philosophen John Stuart Mill (1806-1873), mit dem er bei dessen Aufenthalten in Südfrankreich botanisierte. Mill schickt umgehend 3.000 Francs, ohne Auflagen und ohne jede Sicherheit. Fabre zieht sich mit seiner Familie nach Orange zurück, lebt fortan als freier Schriftsteller und beginnt mit der Abfassung der „Souvenirs entomologiques“, die von 1879 bis 1907 in 10 Bänden erscheinen, insgesamt über 4.000 Seiten (Abb. 2: Titelblatt aus: scienceblog.free.fr). Der Untertitel des Werks lautet: „Etudes sur l’instinct et les moeurs des insectes – Studien über den Instinkt und die Sitten der Insekten.“ Sein späterer Biograph Martin Auer charakterisiert es wie folgt: „Es ist ein Epos, das in zehn Gesängen von Leben und Taten der Insekten berichtet, von der Staunen erregenden Kompliziertheit ihrer Handlungen, von der fast unendlichen Vielfalt ihrer Sitten, von der unbegreiflichen Entsprechung zwischen den Anforderungen des Lebens an das Insekt und seiner Antwort darauf. Bekommen die Lesenden zwar keine Definition, so bekommen sie doch eine lebendige, greifbare Vorstellung davon, was der Instinkt zu leisten imstande ist. ‚Homerisch’ hat man das Werk genannt, ‚Homer der Insekten’ nannte Victor Hugo, der Autor des ‚Glöckners von Notre Dame’ den Verfasser. Nicht nur die tragischen Liebesgeschichten, die heroischen Kämpfe, die auch dieses Buch enthält, rechtfertigen den Vergleich. Die Fülle des Lebens ist in dem Werk, seine wilde Schönheit.“

Fabre erforscht die Welt der Insekten mittels geduldiger Beobachtung und einfacher Experimente. Beispielsweise legt er den Gang der Kreiselwespe (Bembix) frei. Das Tier sucht an der „Schwelle“ die nicht mehr vorhandene „Tür“ und erkennt nicht die Nöte der dem Sonnenlicht ausgesetzten Larve. Der Instinkt erweist sich als mechanisch und starr und ist mit Intelligenz, deren wesentliches Merkmal die Flexibilität ist, nicht vergleichbar.

Andererseits sind die „Souvenirs“ kein im eigentlichen Sinn wissenschaftliches Werk. Fabre berichtet darin von seinem Werdegang, der Familie und Unternehmungen, wie der Besteigung des Mont Ventoux. Diese Mischung von Fachlichem und Privatem führt bei vielen Entomologen, die sich zudem überwiegend mit Klassifikationsfragen beschäftigen, zu Reserviertheit bis offener Ablehnung. Dafür wird Fabres Stil besonders von Dichtern und Schriftstellern geschätzt. Neben dem bereits erwähnten Victor Hugo sind Frederic Mistral, Romain Rolland, Maurice Maeterlinck, Edmond Rostand und im 20. Jahrhundert Kurt Guggenheim zu nennen.

1880 verzieht Fabre ein letztes Mal. Die Einnahmen aus seinen Büchern ermöglichen den Kauf eines Hauses und eines Stück Landes wenige Kilometer nordöstlich von Orange: Der Harmas in Serignan du Comtat (Abb.3 aus: Auer 1995). Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet er 1887 mit 64 Jahren ein zweites Mal, der Ehe entstammen weitere drei Kinder.

Bildunterschrift zu Abb. 3:

Der Hermas in Serignan:

Ein verlassenes unfruchtbares Stück Land, verbrannt von der Sonne, günstig für Disteln und die hautgeflügelten Insekten. Dort würde ich, ohne Störungen durch Vorübergehende befürchten zu müssen, die Sandwespe und die Grabwespe befragen und mich dem schwierigem Zwiegespräch hingeben können, in dem Frage und Antwort das Experiment als Sprache benutzen.“

Wie aber steht Fabre den umwälzenden Gedanken seines Zeitgenossen Charles Darwin (1809-1882) gegen-über? Er ist ein Gegner des Transformismus, wie man Darwins Theorie zunächst nennt. Obwohl selbst tiefgläubig benutzt er jedoch keine religiösen Argumente und stützt sich nicht auf den Schöpfungs-mythos der Bibel. Die Gedanken des Briten sind ihm einfach zu spekulativ. Die Instinkthandlungen der Insekten sind so detailliert und laufen in so vollkommener Weise ab, dass er sich ihre allmähliche Entstehung nicht vorstellen kann.

Die letzten 30 Jahre seines Lebens verbringt Fabre zurückgezogen im Harmas, umgeben von der Familie und einigen Freunden. Seine finanzielle Situation ist wechselhaft und Schicksalsschläge, wie der frühe Tod mehrerer Kinder, bleiben ihm nicht erspart. Dafür steigt die öffentliche Anerkennung, er wird Ehrenmitglied mehrerer nationaler entomologischer Gesellschaften, erhält einige Preise und schließlich eine bescheidene Rente. Am 11. Oktober 1915 stirbt er im Alter von 91 Jahren (Abb. 4 aus: Wikipedia (France)

Nachbemerkung: Schenkt man der Literatur Glauben, so ist Fabre in weiten Teilen der Welt bekannt, kaum hingegen in Deutschland. Das mag an der damaligen Feindschaft beider Länder und an der Sprachbarriere liegen. 1913 und 1914 brachte der Kosmos-Verlag zwei Bände mit Auszügen aus den „Souvenirs“ heraus, doch erreichten die Bücher im Umfeld des ersten Weltkriegs keine Verbreitung.

Es war wieder ein Schriftsteller, der Schweizer Kurt Guggenheim (1896-1983), der 1959 mit seiner Biographie „Sandkorn für Sandkorn. Die Begegnung mit J.-H. Fabre“ deutschsprachige Leser auf den Entomologen aufmerksam machte. Guggenheim übersetzte Teile der „Souvenirs“ und brachte sie mit Kommentaren des Schweizer Zoologen Adolf Portmann 1961 unter dem Titel „Das offenbare Geheimnis“ heraus. Diese Arbeit wurde von dem Würzburger Biologen Martin Lindauer unter Mitarbeit von Jost M. Franz mit dem Band „Jean-Henri Fabre – Wunder des Lebendigen“ 1989 fortgesetzt. Eine Biografie verfasste Martin Auer 1995 unter dem Titel „Ich aber erforsche das Leben.“ Und der Deutschlandfunk strahlte vor einigen Jahren ein mehrteiliges Hörspiel unter dem Titel „Die wunderbare Welt des Jean-Henri Fabre“ aus.

Der Harmas in Serignan du Comtat wurde 1921 vom französischen Staat übernommen und als Museum eingerichtet.

Verwendete und weiterführende Literatur:

Internet:

ambre.jaune.free; scienceblog.free.fr; Wikipedia (Deutschland und France: fr. wikipedia.org); www-museum.unl.edu

Literatur:

Auer, Martin (1995): Ich aber erforsche das Leben. Die Lebensgeschichte des Jean-Henri Fabre. Weinheim, Beltz & Gelberg.

Anmerkung:

Die Abbildungen 1, 2 und 4 (Fotographien) sind nach WIKIPEDIA nicht durch ein Copyright geschützt, da sie älter als 70 Jahre sind. Insbesondere auf der Seite fr. wikipedia.org findet sich eine ausführliche Bilddokumentation zu J.-H. Fabre.

Wir danken Herrn Manfred Zobel für den interessanten, kurzweiligen Vortrag sowie seinen ausführlichen Bericht. Auf diese Weise wurde uns ein Naturforscher bekannt gemacht, den die meisten von uns sicherlich noch nicht (so gut) kannten … Er war ja schließlich ein Zeitgenosse von Charles Darwin, aber auch unserer Vorgänger des alten Schweinfurter Naturwissenschaftlichen Vereins (1862 bis 1945).


06.03.09: Vortrag: Klimawandel aus Schweinfurter Sicht ― Wetterbeobachtungen 1952 bis 2009

Referent: Hans-Jürgen Dörnhöfer, Schweinfurt

19:30 Uhr, Harmonie-Gebäude

07.03.09: Besichtigung der privaten Wetterstation Dörnhöfer in Schweinfurt/Deutschhof

Leitung: Hans-Jürgen Dörnhöfer, Schweinfurt

Treffpunkt: 10:00 Uhr



Unser Mitglied Hans-Jürgen Dörnhöfer hat über 50 Jahre in seiner privaten Wetterstation PWSD das Schweinfurter Wettergeschehen beobachtet. Er stellte seine langjährigen Beobachtungen vor und leitete hieraus die für Schweinfurt erkennbaren Trends ab. Am folgenden Tag führte er die interessierten Teilnehmer durch seine Wetterstation, die sich in seinem Garten im Stadtteil Deutschof befindet und erläuterte die Funktionsweise der verschiedenen Messinstrumente. Wir danken Herrn Dörnhöfer für sein großes Engagement.

Windmessung


Über 50 Jahre Wetterbeobachtungen

Bericht von Wolfgng Spieß


Herr H.-J. Dörnhöfer ist seit mehr als einem halben Jahrhundert mit der Meteorologie und dem lokalen Wettergeschehen rund um Schweinfurt beschäftigt. Als geachteter Experte unter den Wetterforschern hat er die Klimaentwicklung im Raume Schweinfurt seit dem Jahre 1952 messtechnisch erfasst, archiviert und ausgewertet.

Tabelle 1: 30-jährige Standardperiode (PWSD)

Monat

Temperatur

Niederschlag

Luftfeuchte

Sonne

Wolken


°C

mm

%

Stunden

%

JAN

-0,8

48

83

49

79

FEB

0,7

42

78

82

69

MRZ

4,0

46

73

121

64

APR

8,4

51

67

166

61

MAI

13,1

56

68

211

59

JUN

16,4

75

69

211

60

JUL

18,1

60

68

235

56

AUG

17,6

64

71

214

55

SEP

14,1

46

76

169

55

OKT

9,1

44

81

113

62

NOV

3,7

56

83

54

79

DEZ

0,5

63

84

41

80

JAHR

8,8

651

75

1666

65


Durch die Messungen seiner privaten Wetterstation PWSD kann der Gymnasiallehrer i. R. detailliert nachweisen, dass seit 1988 ein auffallender Anstieg der Durchschnittstemperaturen zu verzeichnen ist. Dabei liegen die mittleren Temperaturen im Sommer um bis zu zwei Grad über einer langjährig ermittelten Solltemperatur. Auch die durchschnittlichen Wintertemperaturen zeigen dieses auffällige Verhalten. Dörnhöfer kann für die "30-jährige Standardperiode", die 1990 endete, die in Tabelle 1 aufgelisteten Werte vorlegen.

Für die klimatische "30-jährige Standardperiode" hat Herr Dörnhöfer darüber hinaus eine Statistik der Tagescharakteristika unseres Wetters ausgearbeitet (Tab. 2).



Tabelle 2: Tagescharakteristika unseres Wetters (PWSD)

Monat

30 °C

25 °C

20 °C

Eistage

Frost

N 0,1mm

SchneeTg

JAN

-

-

-

11

23

18

11

FEB

-

-

-

6

21

15

8

MRZ

-

0

1

1

18

16

6

APR

0

1

6

0

9

16

4

MAI

0

5

14

-

2

15

1

JUN

2

10

19

-

0

16

-

JUL

5

14

23

-

-

14

-

AUG

3

13

25

-

-

14

-

SEP

1

6

15

-

0

13

-

OKT

-

0

4

0

6

15

0

NOV

-

-

0

2

15

17

5

DEZ

-

-

-

9

21

18

9

JAHR

11

49

107

29

115

187

44





1988 begann die spürbare Änderung

Seit dem Jahre 1999 gibt es eine signifikante Häufung aufeinander folgender, heißer Sommertage mit Temperaturen über 25°C. Eine solche Häufung sehr warmer Tage war im davor liegenden Zeitraum bis 1952 nie protokolliert worden.

Allerdings hat, anders als man vielleicht vermuten könnte, dieser momentane Temperaturanstieg keine Verminderung der Regenniederschlagsmenge in den Sommermonaten zur Folge. Dagegen gibt es jedoch in den letzten Frühjahrsmonaten Zeiträume über einige Wochen, in denen die Niederschlagsmenge bei 0 mm liegen.

Die seit 1988 zurückliegenden Wintermonate verzeichnen eine Verminderung der Frosttage, bei denen Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt auftraten.

H.J. Dörnhöfer kann mit den Messungen aus einer über 50 jährigen Zeitperiode das Schweinfurter Wettergeschehen gleichsam wieder auferstehen lassen. Er kann seit ca. 20 Jahren einen deutlichen Trend hin zu wärmeren Temperaturen nachweisen:

Unsere Erinnerung täuscht, wenn wir glauben, dass es z.B. in der 1950er- und 1960er-Jahren viele Winter in Folge gegeben hätte, die uns in Frost, Eis und Schnee begraben haben. Im Gegenteil, es gab im festen Wechsel nach 2-3 schneereichen Wintern immer wieder die ungeliebte "Grüne Weihnacht".

Ist der Mensch an allem schuld ?

Dörnhöfer warnt in diesem Zusammenhang davor, nur im Handeln des Menschen und der verursachten CO2-Emission den alleinigen Grund für den beobachteten globalen Temperaturanstieg zu sehen. In seinem Archiv sammelt Dörnhöfer meteorologische Beiträge, die beispielsweise im Jahre 1978 eine bevorstehende Eiszeit voraussagten. Damals wie heute wurde der Anstieg der CO2-Werte kritisch bewertet. Allerdings kamen die wissenschaftlichen Kommissionen damals zu einer diametral anderen Beurteilung, wie es das Weltklima beeinflussen könne:

Man postulierte damals, dass es innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren (1988) zu einer neuerlichen Eiszeit kommen werde. Interessanterweise wurde damals über einige Jahre, trotz Anstiegs der Treibhausgaskonzentration, die Nettozunahme der Gletschervolumen beobachtet.

Pflicht zur Schonung unserer Welt

In der anschließenden Diskussion zeigte sich das hohe Interesse der ca. 25 Vortragsteilnehmer. Es herrschte unter den interessierten Zuhörern ebenfalls eine Skepsis, ob der Mensch alleine die Schuld an der Klimaentwicklung trage. Allerdings wurde hervorgehoben, dass die momentanen Diskussionen und Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausemissionen auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Schöpfung leisten. Das buchstäbliche "Verheizen" der fossilen Energieträger, um Luxus und vermeintlich wichtigen Lebensstandard zu halten, nimmt den kommenden Generationen Chancen und entzieht unseren Nachkommen wichtige Lebensgrundlagen.


20.03.09: Vortrag: Der Eisvogel – Vogel des Jahres 2009

Referenten und Bericht:

Prof. Lothar Kranz und, Dietlind Hußlein, Schweinfurt

Der Eisvogel - Vogel des Jahres 2009

1981 wollte der LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern) ein Emblem für den Verband erstellen lassen. Nach einer Vorentscheidung sollten über die letzten beiden Entwürfe die Mitglieder entscheiden, und zwar zwischen dem Raufußkauz- und dem Eisvogel-Emblem. Es siegte der Eisvogel. Er ist wohl sehr viel bekannter als der Raufußkauz; übrigens ein gelungenes Emblem.

Entdecken Menschen einen Eisvogel, so berichten sie oft ganz aufgeregt darüber.

Aber meist sahen die Menschen den Eisvogel nur in hoher Geschwindigkeit (1-2 m/s) nahe über dem Wasser vorbeisausen. Wenn er sich auf einem Ast niedergelassen hat, fällt er überhaupt nicht mehr auf.


Der Eisvogel – ein Juwel

Der Grund liegt darin, dass er fliegend im Sonnenlicht wie ein Juwel aufblitzt.

Für seine Buntheit sind zum Teil Pigmentfarben verantwortlich. Die vom Körper selbst produzierten Pigmente gehören in die Gruppe der Melanine. Sie ergeben Farben von schwarz, braun bis rot und gelb. Andere Pigmente werden durch die Nahrung aufgenommen. Solche Pigmente stammen aus der Gruppe der Carotinoide. Das Schillern und Glänzen des Eisvogels aber kommt durch Strukturfarben zustande. Die dadurch sichtbaren Farben hängen von der Oberflächenstruktur der Federn, vom Einfallswinkel des Lichtes und von der Betrachtungsrichtung ab. Der Einfallswinkel des Lichtes auf die Feder-Äste ändert sich z.B. beim Fliegen des Eisvogels. So fallen in kürzester Zeit verschiedene Wellenlängen hintereinander in unsere Augen. Dadurch ergibt sich der Eindruck eines fliegenden Juwels. Vor allem die Rückenfedern sind für den Glanz verantwortlich. Die Feder-Äste dieser Federn sind dort flach und zudem leicht gedreht. Dadurch wird allerdings die Verhakung der Federkrempen mit den Federhaken erschwert und die Stabilität der Feder ist nicht mehr gegeben. Solche Federn können also nur dort sein, wo keine besondere Stabilität benötigt wird (z.B. am Rücken). Dies bedingt die Begrenztheit solcher Federn am Vogelkörper.


Der Eisvogel ist der bunteste Vogel in unseren Breitengraden. Seine nächsten Verwandten findet man in den Subtropen (Mittelmeerländern) oder Tropen wie z.B. die Bienenfresser oder die Blaurake, die sich nur manchmal nach Deutschland vorwagen. Auch unser Eisvogel stammt ursprünglich aus den Tropen: Nach der Eiszeit - vor etwa 10.000 Jahren - ist er nach Mitteleuropa eingewandert. Bei uns in Mitteleuropa ist er Standvogel; nur in kalten Wintern weicht er nach Süden aus. Dagegen ist er weiter nördlich und östlich in Europa Zugvogel.

Nahrung

Seine Nahrung sind kleine (5-7-cm lange) Fische; daneben auch andere kleine Wassertiere wie z.B. Frösche, Schnecken und Würmer. Die Fische müssen möglichst flach, nicht dickköpfig oder hochrückig sein. So wird in der Literatur oft beschrieben, dass er keine Groppen als Beute nehmen würde, da sie zu dickköpfig seien; zudem ist die Groppe ein dämmerungsaktiver Fisch, der sich tagsüber unter hohl liegenden Steinen versteckt und sich dem Untergrund gut anpasst. Untersuchungen von Gewöllen des Eisvogels, die er 1-2 Stunden nach dem Verschlingen eines Fischchens wieder ausspuckt, haben gezeigt, dass in bestimmten Gebieten 80% der Beute Groppen waren! Stichlinge, deren Rücken- und Bauchflossen zu Stacheln umgewandelt sind, muss er vor dem Verschlingen nicht nur mit dem Schnabel quetschen, sondern bis zu 40 mal auf den Ast schlagen, damit der Stichling nicht halbtot noch die Stacheln aufstellen kann und der Eisvogel daran ersticken könnte.

Seine Nahrung besteht im Sommer wie im Winter und auch für die Jungenfütterung immer aus kleinen Fischen bzw. anderen kleinen Wassertieren.

Nahrungserwerb

Bemerkenswert ist der Nahrungserwerb des Eisvogels. Er ist ein Ansitzjäger. Zunächst muss er meist von einem Ansitz aus die Fischchen sichten, dann die Größe abschätzen und ermessen, ob die Fangtiefe von etwa 30 – 60 cm Tiefe stimmt. Hat er so ein entsprechendes Beutetier entdeckt, rüttelt er kurz senkrecht über der erspähten Beute, beschleunigt dann noch durch Flügelschläge seine Geschwindigkeit und stürzt sich in einem Steilstoß in das Wasser. Kurz vor dem Beutetier muss er mit entsprechend geöffneten Flügeln und vorgestreckten Füßen bremsen und das Fischchen mit dem Schnabel fassen. Beim Aufsteigen mit an die Brust gepressten Schnabel durchstößt er mit dem Hinterkopf die Wasseroberfläche, reißt den Schnabel hoch und verharrt kurz, bevor er den nächsten Ast anstrebt, um die Beute zu bearbeiten.

Wenn das Fischchen durch das Quetschen mit den Schnabelrändern noch nicht tot ist und noch zappelt, wird es entweder heftig geschüttelt oder auf den Ast geschlagen, bis es sich nicht mehr bewegt. Das Fischchen wird so herumgedreht, dass es mit dem Kopf zuerst verschlungen werden kann. Dieses Fangverhalten ist eine unglaubliche Kombination von Verhaltensweisen, die nicht stur, sondern situationsbedingt angepasst ablaufen müssen - eine unglaubliche Leistung. Erst die moderne Fotografie machte es möglich, den Verhaltensablauf so detailliert zu entschlüsseln.

Beim Tauchgang, der nur 1-2 Sekunden dauert, lässt der Eisvogel die Augen offen, zieht aber die Nickhaut über die Augen. Der Eisvogel hat wie die Greifvögel 2 Sehschärfezentren pro Auge, sodass er die Beutetiere räumlich sehr gut erfassen kann. Dennoch ist nur jeder 10. Versuch erfolgreich – wie Untersuchungen zeigen.

Fortpflanzung

Die Balz beginnt je nach den Wintertemperaturen schon im Dezember / Januar. Sind die Wintertemperaturen wie 2008/2009 sehr niedrig, dann beginnen die Eisvögel mit der Balz erst Ende Februar /Anfang März oder sogar noch später. Dabei verfolgen sie sich zum Teil ganz niedrig über dem Wasser oder auch mal hoch über den Baumwipfeln eines Waldes.

Schließlich bleiben die beiden auf einem Ast sitzen vor einer vom Männchen ausgesuchten Brutwand. Wenn das Weibchen den vom Männchen ausgesuchten Ort für einen Höhlenbau akzeptiert, wird dort angefangen, eine Röhre zu bauen. Der Schnabel dient hierbei als Meißel, die Füße schaffen die Erde nach hinten und der Schwanz wird als Kehrbesen benutzt. So kann man beobachten, wie in Abständen eine Ladung Erde nach außen fliegt. Am Ende der Röhre wird ein Kessel angelegt, in den dann das Weibchen 5-7 weiße, glänzende Eier legt. Nach etwa 3 Wochen schlüpfen die Jungen, die von beiden Eltern bebrütet wurden. Dann werden die Jungen noch etwa 4 Wochen von den Eltern in der Höhle gefüttert.

Die Jungen werden in einem Fütterungskarussell gefüttert, d.h. hat ein Junges ein Fischchen erhalten, dreht es sich um, spritzt einen Kotstrahl in die Röhre und wandert weiter, sodass das nächste Junge beim nächsten Mal vorne ist.

Das Abspritzen des Kotes ist ein Problem, denn die Elterntiere müssen zum Füttern jeweils durch die kotverschmierte Röhre schlüpfen. Dabei beschmutzen sie ihr Gefieder, sodass sie sich nach jedem Fütterungsvorgang ausgiebig baden müssen, bevor sie das Gefieder einfetten. Ein Eisvogel verbringt mindestens 2 Stunden täglich mit der Gefiederpflege. Das ist besonders wichtig für das Tauchen. Ansonsten kann sich das Gefieder voll Wasser saugen, und dann besteht die Gefahr des Ertrinkens - wie es bei Jungvögeln häufiger passiert, die es mit der Gefiederpflege nicht so ernst nehmen.

Sind die Jungen ausgeflogen, so werden sie meist nur noch 1-2 Tage gefüttert. Dann werden sie vertrieben. Mancher Jungvogel fängt schon nach 1-2 Stunden einen kleinen Fisch, den ihm dann die anderen abjagen wollen. Andere Jungvögel tun sich schwerer, diese komplizierte Fangweise schon erfolgreich durchzuführen. Selbstverständlich lauern auch viele andere Gefahren. Die Jungensterblichkeit ist hoch, im ersten Jahr 80%. Die größten Verluste treten bis September/Oktober auf nach dem Verlassen der Nisthöhle. In dieser Zeit zeigt sich, wer fit für das Überleben ist. Der älteste nachgewiesene Eisvogel ist 5 Jahre alt geworden.

Anforderungen an einen Eisvogelbiotop.

Der Eisvogelbiotop muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, nämlich Ansitzmöglichkeiten besitzen und neben geeigneten Nahrungsgründen sind Brutwände nötig. Auch die Gewässer müssen bestimmten Anforderungen genügen, nämlich ihre Tiefe sollte zwischen 30 – 60 cm liegen und sie müssen sich unbedingt durch klares Wasser auszeichnen. Schon eine unklare Sicht durch Wasserströmung oder gar eine Trübung machen das Fangen von Fischen unmöglich.

Sagen um den Eisvogel

Schon die alten Griechen kannten den Eisvogel. Sein kurzes Aufblitzen als Juwel beim Vorbeifliegen und dann wieder Verschwundensein hat zu vielen Sagen geführt. Der lateinische Gattungsname Alcedo soll von Halcyon kommen; das bedeutet „der im Meer schwanger werdende“. Man glaubte der Eisvogel pflanzt sich auf dem Meer fort. Sein Artname atthis soll nach einer Königstochter benannt sein, die sehr schön gewesen sein soll.

Bis ins 17. Jhdt. hat sich die Mär gehalten, die noch von dem Naturforscher Conrad Gesner aufgegriffen wurde, dass das Weibchen des Eisvogels beim Tod des Männchens ein Klagelied anstimmen würde. Eisvögel sind aber außerhalb der Brutzeit Einzelgänger und deshalb bei Kontakten mit anderen Artgenossen zanksüchtig.

In vergangenen Jahrhunderten bedeutete das Entdecken eines Eisvogels Glück; seine glänzende Buntheit stand für Macht, Reichtum, Frieden und Schönheit; seine bunten Federn dienten im 19. Jhdt. als Schmuck für Damenhüte.

Gefährdung des Eisvogels

Obwohl Hochwasser immer neue Abrisskanten erzeugt (also wichtig für den Eisvogel ist), bedeutet ein Überfluten der Röhre während der Brutzeit den Tod für die Jungen und den Verlust der Brutröhre. Was man aber überhaupt nicht bedenkt ist, dass das Hochwasser meist mehrere Tage anhält und das Wasser getrübt ist. Bei getrübtem Wasser kann der Eisvogel aber weder Fische sichten noch fangen und so verhungern die Jungen.

Der schlimmste Feind ist aber der Winter. Zwar ist der Vogel mit seinem Federkleid gegen Kälte geschützt, aber er braucht auch im Winter Fische als Nahrung. Sind alle Gewässer zugefroren, so muss der Eisvogel verhungern. Früher wurden in die Dorfteiche Löcher geschlagen, um das Vieh mit Wasser zu versorgen. Heute macht die Wasserleitung ein solches Handeln überflüssig. Der vergangene Winter (2008/2009) hat dem Eisvogel wohl sehr zugesetzt.

Der Eisvogel kann solche Verluste durch so genannte Schachtelbruten ausgleichen, d.h. das Weibchen legt schon wieder Eier, während das Männchen die Jungen der vorherigen Brut noch füttert. Dadurch ist es bei guten Bedingungen im Extremfall möglich bis zu 4 Bruten im Jahr aufzuziehen.

Wie immer trägt natürlich auch der Mensch zu der Gefährdung des Eisvogels bei. Störungen an der Bruthöhle durch Angler, Badende oder Touristen können zur Aufgabe der Brut führen. Auch Teichwirte verhindern oft durch Beseitigung von Brutwänden und Ansitzwarten ein Brüten. Häufig ist es aber der Ausbau von Fließgewässern, bei dem die Ufer befestigt werden und so der Eisvogel keine Möglichkeit zum Anlegen von Brutröhren mehr hat. Zuletzt war es die Verschmutzung der Gewässer vor allem durch die Industrie in der Nachkriegszeit, die den Fischen keine Lebensmöglichkeit mehr ermöglichte.

Warum ist der Eisvogel zum Vogel des Jahres 2009 gekürt worden?

Er war bereits Vogel des Jahres 1973.

Durch die damalige Verschmutzung der Gewässer in Europa war die europäische Eisvogelpopulation auf ein Minimum abgesunken. ( 4500 – 7000 Brutpaare europaweit).. Von da an bemühte sich die Politik die Gewässergüte zu verbessern. Das geschah aber weniger für den Eisvogel, sondern der Trinkwasserversorgung wegen. Diese drohte ein ernstes Problem zu werden. Auch die Hochwassergefahr für menschliche Siedlungen sollte durch Renaturierungsmaßnahmen von Bächen oder Flüssen gebannt werden.

Heute ist mit 5600 – 8000 Brutpaaren des Eisvogels europaweit eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau erreicht. .

Also ein Erfolg?

Ja, aber es gibt noch viel zu tun.

Zwar hat sich die Verschmutzung der Gewässer gebessert, aber immer wieder und immer noch werden Flüsse begradigt und die Ufer befestigt. Dies erleben wir im Moment am Main und an der Donau. Bei letzterer geht es um die letzten, unverbauten 70 km - ein Kampf der Naturschutzverbände seit Jahren.

Es dreht sich beim Vogel des Jahres nicht nur um den Eisvogel. Er steht für eine reiche Lebensgemeinschaft im und am Wasser. Wer einmal ein intaktes Ökosystem eines Auwaldes erlebt hat, der kann nachempfinden, welchen Wert es für die Seele des Menschen bringt. Gerade in unseren dicht besiedelten und übernutzten Gebieten sind solche Gebiete wie z.B. der Rainer Wald bei Straubing, ein vom LBV aufgekauftes Stück Auwald, von unschätzbarem Wert.


Nicht zuletzt: Der LBV feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Der Eisvogel ist das Emblem des Verbandes und soll darauf hinweisen, dass es noch viel zu tun gibt im Gewässerschutz und in dem Ökosystem rund ums Gewässer.


Der Eisvogel ist Symbol für die gefährdeten Feuchtgebiete und Sinnbild für ein ausgewogenes ökologisches Gleichgewicht an Gewässern.


24.04.09: Vortrag: Der Bergahorn — Baum des Jahres 2009

Referent: Reinhold Jordan, Schweinfurt

Kurzbericht und Bilder: Wolfgang Spieß

Kurzbericht der Veranstaltung

Das "Kuratorium Baum des Jahres (KBJ)" hat den Bergahorn für das Jahr 2009 gekürt. Seit dem Jahre 1989, -damals wurde die Stieleiche als erster "Baum des Jahres" gewählt-, wird Jahr für Jahr einem heimischen Baum aus unseren Forsten die Ehre zu Teil, der "prima inter pares" sein zu dürfen. Jeweils im Oktober des Vorjahres vergibt das Kuratorium einer Baumspezies den Titel für das nachfolgende Jahr. Dabei spielt es für die Entscheidung des Kuratoriums auch immer eine Rolle, ob eine Spezies besonders gefährdet ist oder selten vorkommt.

Der Schweinfurter Gymnasiallehrer Reinhold Jordan stellte in seinem diesjährigen Vortrag, - seine Vortragsreihe ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil unserer Veranstaltungen -, den "Baum des Jahres 2009" vor. Jordan spannte einen weiten Bogen, von den botanischen Charakteristika, der Verbreitung des Ahorns bis zur Verwendung des Ahorns als Nutzbaum. Er schloss mit einem Blick auf das Ende der letzten Eiszeit und der Rückkehr der Laubbäume nach Mitteleuropa. Die Zuhörer erhielten in dem knapp 90-minütigen, sehr kurzweilig gehaltenen Vortrag eine komplette Übersicht und Einsichten in das "Baumleben" des Bergahorns.


Der Bergahorn — Baum des Jahres 2009

Reinhold Jordan

Auch dem diesjährigen „Baum des Jahres“ widmete der Naturwissenschaftliche Verein Schweinfurt einen Vortrag und auch diesmal verfolgte eine interessierte Zuhörerschaft die Ausführungen des Vortragenden. Wieder hatte dieser zahlreiche Objekte zur Veranschaulichung mitgebracht – von der Haushaltsflasche mit kanadischem Ahornsirup bis zur Bratsche mit Resonanzboden aus Bergahorn und vom Zweig mit den so unterschiedlich großen Blättern bis zum Blütenstand, in dem gleichzeitig Zwitterblüten und eingeschlechtliche Blüten beiderlei Geschlechts zu beobachten waren.

Etwa 150 Arten umfassen die Gattung Acer, Bäume und Sträucher, die meist in den gemäßigten Regionen der nördlichen Halbkugel vorkommen. Bereits vor etlichen Jahren stand eine heimische Ahornart im Mittelpunkt des Interesses. Forstdirektor Finn Mohren sprach 1995 vor unserem Verein über den Spitzahorn (Acer platanoides), der damals „Baum des Jahres“ war.



Abb. 1 Blatt des Bergahorns

Gefragt, was denn das charak-teristische Zeichen der Ahorne sei, denkt man zunächst vielleicht an die fünflappigen Blätter. Das trifft für unsere einheimischen Arten sicher zu aber keineswegs für alle Ahornarten. Außerdem gibt es erstaunlich viele andere Pflanzen mit solchen Blättern. Man denke nur an die Weinrebe oder den Schneeball. Das Alleinstellungsmerkmal der Gattung Acer sind die Früchte, die paarig an traubenförmigen Fruchtständen hängen.



Abb. 2 Geflügelte Früchte des Bergahorns




Diese Früchte lösen sich nach der Reife im Herbst einzeln ab. Der Flügel ist so geformt, dass die Frucht in schnell drehende Bewegung versetzt wird. Diese Drehung bremst die Fallgeschwindigkeit auf 90cm pro Sekunde ab und gibt dem Wind die Möglichkeit, die Ahornfrucht weit zu verdriften. So ist der Bergahorn eine typische Pionierholzart, die unwirtliche Areale schnell besiedeln kann.

Einmal gekeimt und durch die Herzwurzel mit Wasser und Nährsalzen versorgt, wächst der Bergahorn zunächst auch beschattet sehr schnell und gelangt so rasch zu einer Höhe, in der Wildverbiss kein Existenzproblem mehr ist. Weitere zufrieden stellende Zuwachsraten sind aber nur bei guter Belichtung zu erwarten.

Im Herbst färbt sich das Laub leuchtend gelb.

Zuhause ist der Bergahorn in mittleren bis oberen Lagen der Mittel- und Hochgebirge Mitteleuropas, geht aber in Gebirgslagen auch nach Süden bis Griechenland, Sizilien und in den äußersten Norden Portugals. Vom Menschen angepflanzt gelangte er mittlerweile auch nach Großbritannien und Südschweden.

Das Edellaubholz ist forstlich von großer Bedeutung und auch ökologisch ein Gewinn. Kein Wunder, dass der Förster dafür sorgt, dass bei Neuanpflanzungen von Mischwäldern Bergahorn eingestreut ist. Reinbestände sind selten; meist handelt es sich dabei um Jahrhunderte lang als Weideland genutzte Hochtäler, wie der „Große Ahornboden“ im Karwendelgebirge.


Etwa 4% der Stämme weisen einen geflammten Wuchs der Holzfasern auf. Senkrecht geschnitten ergeben sich dabei charakteristische Streifenmuster, die vor allem von den Instrumentenbauern geschätzt sind.

Während der Kontinentalsperre unter Napoleon, als die meisten Staaten Europas vom karibischen Zucker abgeschnitten waren, versuchte man aus Ahornsaft Sirup zu gewinnen, wie das die Indianer mit dem kanadischen Zuckerahorn seit jeher tun. Da man gleichzeitig Zucker in der Runkelrübe fand und diese effektiv züchten konnte, stellte man die Versuche mit Ahorn bald ein.

Der Bergahorn ist Lebensraum für zahlreiche Vogelarten, Insekten (z.B. Ahorn-Eule und Ahorn-Spinner), Pilze und Misteln. Wegen des süßen Safts ist er bei Blattläusen besonders beliebt und daher auch bei Ameisen und Bienen, die der überschüssige Honigtau der Saftsauger anlockt.

Da der Bergahorn empfindlich auf Trockenstress reagiert, wird er wohl nicht zu den Baumarten gehören, die durch die Klimaerwärmung begünstigt werden.

Ergänzende Stichpunkte von Wolfang Spieß (Vortragsresümee):

Botanische Bezeichnung: Acer Pseudo Platanus L., so hat der große schwedische Naturforscher von Linne den Bergahorn benannt. Die ähnliche Blattform, der auch bei uns in den Städten häufig anzutreffenden Platane mag Linne zu dieser botanischen Benennung inspiriert haben.

Ahornfeinde aus dem Tier- und Pflanzenreich: Pilze rufen auf den Ahornblättern die so genannte Weißfleckenkrankheit und die Teerfleckenkrankheit hervor.

Ahornholz: Der Ahorn liefert leicht spaltbare Edelhölzer. Das helle Holz findet sich auf dem Fußboden in Form von Parkett, oder auf dem Tisch in Form von einfachen Küchengeräten, wie dem Nudelholz oder dem unverzichtbaren Kochlöffel.

Besondere Ahornbäume: Alte Bäume haben für uns Menschen selbstverständlich eine besondere Faszination. Das Lebensalter dieser (Baum-) Lebewesen übersteigt um ein mehrfaches die Lebenserwartung von uns Menschen. Bei Goslar soll der älteste Ahorn Deutschlands stehen. In der Nähe Bambergs findet sich ein Ahorn, der einen Umfang von ca. 9m aufweist und ein Alter von 600 Jahren haben muss.


25.04.09: Pkw-Exkursion in die hohenlohesche Ausbildung des Oberen Muschelkalk und des Unteren Keuper –

Stratigraphie, Lithologie und Fossilführung im Raum Crailsheim – Heilbronn

Referent: Alfred Bartholomä, Neuenstein

Bericht: Dr. Georg Büttner

Exkursion in die hohenlohesche Ausbildung des Oberen Muschelkalk und des Unteren Keuper

Bereits seit langem ist ein Schwerpunkt unserer Forschungen der Obere Muschelkalk bzw. der Untere Keuper in Nordunterfranken. Daher führte uns nach der Exkursion ins Lipper Land (2008) im Jahr 2009 eine Exkursion in dieses Schichtpaket in Baden-Württemberg. Unser Kontaktmann und Exkursionsleiter vor Ort war der Gymnasiallehrer Herr Alfred Bartholomä, der den Oberen Muschelkalk und Unteren Keuper im hohenloheschen „wie seine Westentasche“ kennt. Einige Jahre vorher führte er uns bereits durch das Muschelkalkmuseum in Ingelfingen und bot, auf unsere Nachfrage hin, sofort eine ausgearbeitete Exkursion an. Auch er beschäftigt sich mit der Entstehung des Muschelkalks und den Gliederungs- bzw. Korrelierungsmöglichkeiten.

Zur Exkursion hatten sich auf drei Fahrzeuge verteilt etwa 10 Teilnehmer zusammen gefunden (Bild 1). Neben der Ausbildung der Schichtenfolge freuten sich die Exkursionsteilnehmer natürlich auch auf den einen oder anderen Fund … und auf neue Eindrücke!

Im Zuge der Exkursion wurden zwei große Steinbrüche besucht. Zum einen der Steinbruch Schön und Hippelein bei Neidenfels, zum anderen der Steinbruch Unterohrn bei Öhringen. Während der Aufschluss Neidenfels eher beckenrandwärtige Ausbildung aufweist, liegt der Aufschluss Unterohrn stärker in der Beckenmitte (freundl. Mitt. A. Bartholomä, 2009).

Ungewohnt waren für uns generell die dominante Kalksteinvormacht und daraus folgend der geringe Ton-/ Mergelanteil über weite Teile des Profils (Bild 2, 6). Dies bestätigt, dass Nordunterfranken weiter in der Beckenmitte des Ablagerungsraums (Germanisches Becken) lag und daher der festländische Ton-Anteil gegenüber dem Kalkanteil (der aus dem kälteren Wasser der Tethys stammt) überwiegt. (In Unterfranken kam weniger kalkhaltiges Wasser an, weil der Kalk bereits im Hohenloher Land abgeschieden wurde.)

Weiterhin waren wir zunächst überrascht, dass in Unterohrn andere Teilbereiche vorwiegend kalkig ausgebildet sind als in Neidenfels. Hierfür konnten wir nicht sofort eine schlüssige Erklärung finden. Möglicherweise unterlag das Anströmen von Frischwasser der Tethys innerhalb unterschiedlicher Zeiträume unterschiedlichen Haupt-Strömungsrichtungen.

Grob gesagt lieferten in Bezug auf das generelle äußere Erscheinungsbild die Aufschlüsse im Lipper Land (vgl. Mitt. 2008 sowie Büttner & Stürmer 2009) größere Gemeinsamkeiten zum nördlichen Unterfranken als der viel nähere Hohenloher Raum.

Darüber hinaus überraschte uns die Aussage von Herrn Bartholomä, dass es hier keine spezielle Cycloidesbank wie in Unterfranken gibt, sondern dass über ein mehrere Meter mächtiges Profil immer wieder Bänke auftreten, die vereinzelt Coenothyris cycloides führen. Eine solche (mikritische) Kalksteinbank mit sehr wenigen Exemplaren von Cycloides zeigte uns Herr Bartholomä nahe der Waage in Unterohrn. Diese Bank hatte sehr wenig Ähnlichkeit zu unserer dicht gepackten Cycloidesbank. Diese Fakten werfen zugleich mehrere Fragen auf:

Im Steinbruch Unterohrn wies uns Herr Bartholomä speziell auf einen rinnenartigen Aufarbeitungshorizont (etwa in der Mitte des Aufschlußprofils) hin. Die Schichten waren innerhalb dieses Paketes syngenetisch verfaltet und in einander gedrückt (Bild 3), was auf eine entsprechend hohe Transportenergie, aber auch auf den Transport bzw. die Faltung der noch nicht vollständig verfestigten Kalklagen hinwies. Derartiges hatten wir bisher in Unterfranken noch nicht gesehen.

Der Steinbruch Neidenfels ist besonders für den Trochitenkalk bekannt. Hier können mit viel Glück auch Crinoidenkelche gefunden werden. Beeindruckend war der mächtige Trochitenkalk, der als Naturwerkstein in Platten gesägt Verwendung findet (Bild 4). Auf manchen Blöcken fanden sich mehrere Dezimeter lange, zusammenhängende Crinoiden-Stiele (Bild 5). Außerdem konnten Basalplatten und der „Wurzelbereich“ von Seelilien gefunden werden. Allein der (heiß ersehnte) Fund von Seelilien-Kelchen blieb aus.

Der Übergang zum Unteren Keuper vollzieht sich im Hohenloher Land ähnlich markant wie im nördlichen Unterfranken (Bild 2, 6). Er stellt im Aufschluss zugleich eine Farbgrenze von grauen zu gelbbraunen Farben dar. An der mo/ku-Grenze kann ein Bonebed (insbes. Zähne) auftreten. Dieses war in Unterohrn (allerdings schwer zugänglich) aufgeschlossen.

Unserem Führer Herrn Bartholomä gilt großer Dank für die Vorbereitung und Organisation (Zutritt zu den Steinbrüchen), sowie für die professionelle und profunde Führung. Wir durften einen wunderschönen, sonnigen Exkursionstag im Hohenloher Land erleben und kehrten mit zahlreichen neuen Eindrücken … und dem einen oder anderen Fundstück nach Schweinfurt zurück.


03.05.09: Veranstaltung im Zuge der Eröffnung der Oberland-Wege: Geologie-Weg zum Laubhügel

Referent: Helmut Müller, Stadtlauringen

Bericht: Dr. Georg Büttner

Unser (Ehren-)Mitglied Helmut Müller hat maßgeblich an der Festlegung und Gestaltung des so genannten Geologie-Weges bei Oberlauringen mitgearbeitet. Gleichzeitig hat er sich zum Gästeführer ausbilden lassen und für uns zur Eröffnung der Oberland-Wege eine geologische Exkursion angeboten. Daher machten wir uns bei etwas wechselhaftem Wetter mit knapp 20 Personen auf den Weg zum Erkunden des Oberlandes.

Dieser Weg ist einigen von uns bereits aufgrund mehrerer botanisch – geologischer und landschaftskundlicher Exkursionen sowie Arbeitskreise bekannt. Daher setzte sich die Gruppe zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Gästen zusammen. Die Veranstaltung bot somit eine günstige Gelegenheit, auf unseren Verein aufmerksam machen zu können.

Der Geologie-Weg führt von Oberlauringen aus nach Osten Richtung Keuper-Schichtstufe. Die erste Erläuterungstafel befindet sich am Waldrand, im Ausstrich der Estherienschichten. Hier erläuterte Helmut Müller die Keuper-Landschaft rund um Oberlauringen und die Fernblicke in Richtung Westen.

Der Weg führte weiter entlang des markierten Weges. Um den Schilfsandstein zu suchen, der die erste markante Verebnung erzeugt, machten wir einen kleinen Abstecher in den Wald. Hier finden sich Reste eines Schachtbrunnens und Geländeformen bzw. Vernässungen, die auf Wasserzutritte aus dem Schilfsandstein hinweisen. Somit konnte indirekt der Schilfsandstein nachgewiesen werden.

Zurück auf dem Hauptweg ging es nun weiter in Richtung Laubhügel. In der ersten markanten „Schlucht“ sind die roten Tonsteine der Lehrbergschichten aufgeschlossen. Eine angedeutete Verebnung bilden die karbonatischen Lehrbergbänke, die ebenfalls den Weg queren. Der Übergang zur hier tonigen Ausbildung des Blasensandsteins ist gekennzeichnet durch einen deutlichen Farbumschlag der Tonsteine nach leicht violett. Dieser Teil des Hohlwegs schließt mit einer Verebnung ab.

Es folgt hierauf ein weiterer Anstieg, in dem dolomitische knauerige Gesteine (so genannte Dolomitische Arkose) des Burgsandstein aufgeschlossen sind. Zuoberst liegen Sandsteinbänkchen die ebenfalls dem Burgsandstein angehören und die zugleich die Verebnungsfläche der Nassacher Höhe bilden. Diese stellt mit über 500 m ü. NN den höchsten Punkt des Landkreises Schweinfurt dar.

Anmerkung: Nach der aktuellen Kartierung durch G. Geyer (Bay. LfU) wird die Verebnungsfläche des Laubhügels im Südwesten von Sandsteinen des Unteren Burgsandsteins, weiter im Nordosten von Sandsteinen des Mittleren Burgsandsteins gebildet (Freundliche Mitteilung 2009).

Nachdem wir den Anstieg erfolgreich gemeistert hatten, überraschte uns unser Führer Helmut Müller mit einem „Gipfel-Tropfen“. Hier oben liegen nahe der höchsten Erhebung gerundete Sandsteinschotter, Relikte eines alten Fluss-Systems.

Nun ging es auf der Hochfläche entlang zu einem markanten Grenzstein, an dem drei Flurgrenzen aufeinander treffen. Auf dem Weg dorthin überschritten wir den Haßberg-Randsprung, eine Verwerfung, in der Burgsandstein neben Rhätolias versetzt ist (es fehlt der Feuerletten). Die Rhät-Lias-Tone sind gelb und können so gut von den Gesteinen des Mittleren Keuper unterschieden werden. Vereinzelte Gruben im Wald weisen auf lokale Entnahme dieser Tone hin.

Am besagten Grenzstein wichen wir von der vorgegebenen Wegführung ab und liefen nach rechts, bergabwärts. Links des Weges findet sich nun ein eindrucksvolles Blockmeer. Die z.T. mehrere Kubikmeter großen Sandsteinblöcke des Oberen Keuper (Rhät) sind wahrscheinlich im Pleistozän auf dem Auftauboden über Feuerletten talwärts geglitten.

Nun ging es sozusagen dieselbe Schichtenfolge nach unten, die wir zum Laubhügel hoch bergwärts durchlaufen hatten. Besonders sehenswert war ein kleiner Schilfsandstein-Aufschluss, der etwas im Verborgenen abseits des Wegs lag. In den Estherienschichten angekommen stießen wir wieder auf den Hauptweg und gelangten schließlich zum Ausgangspunkt zurück.

Aufgrund zahlreicher Fachdiskussionen und Kommentare brauchten wir für den Weg fast sechs Stunden. Er ist aber bei weniger Fragen/Diskussion vielleicht auch in 4,5 Stunden laufbar. Allerdings ist eine gute Kondition auf alle Fälle Voraussetzung. Insgesamt gesehen war es ein schöner, sportlicher Nachmittag mit vielen interessanten Gesprächen.

Unser Dank an Helmut Müller für die Vorbereitung und lebendige Durchführung. Der „Gipfeltrunk“ wird uns stets in guter Erinnerung bleiben!


23.05.09: PKW-Exkursion: Botanisch-geologische Wanderung rund um Sulzthal

Referenten: Konrad Roth, Maibach und

Dr. Georg Büttner, Hof / Schweinfurt

Bericht: Georg Büttner

Bilder: Wolfgang Spieß

Diese Exkursion brachte uns in das südliche Umfeld von Sulzthal. Wie bereits der Titel sagt, beschäftigten wir uns mit Geologie und Botanik und konnten gut zeigen, wie stark der ursächliche Bewuchs von Boden und Gestein abhängig ist.

Ausgangspunkt war der Wanderparkplatz an der Heiligkreuz-Kapelle oberhalb bzw. südöstlich von Sulzthal.

Hier zeigte uns Herr Konrad Roth einen besonders großen, imposanten Baum, der südwestlich der Kapelle an einem Wirtschaftsweg steht. Auf allgemeinem Wunsch erläuterte er uns, wie sich mit Hilfe der Geometrie die Höhe des Baumes vom Boden her überschlagsmäßig bestimmen lässt.

Nachdem wir einen kurzen Blick auf die Umfeldgeologie geworfen hatten (v.a. Ausstrich des Mittleren Muschelkalks), starteten wir in Richtung Sulzthal. Zunächst bewegten wir uns im Mittleren Muschelkalk und tauchten dann an der Hangschulter in den Unteren Muschelkalk ein. Dieser bildet die markanten Steilhänge südlich Sulzthal.

Auf dem Weg zum nächsten Punkt erklärte uns Herr Roth die entlang des Wegrands anzutreffenden Pflanzen und Stauden und wies uns besonders auf die schönen Streuobstwiesen hin (Abb. 1).





Einige 100 m südlich der Straße Obbach-Sulzthal ist in einem kleinen Steinbruch der Schaumkalkbereich des Unteren Muschelkalks angeschnitten. Der Name dieses Gesteins ist auf sein poröses Aussehen zurückzuführen. Er setzt sich aus vielen kleinen Kügelchen, sogenannten Ooiden, zusammen und ist im Flachwasser entstanden. Der Schaumkalk war in historischer Zeit ein wichtiger Massiv-Baustein. Aus ihm wurde z.B. die Sulzthaler Mauer (Dorfumfriedung) errichtet.

Daneben kommt hier der normale Untere Muschelkalk vor, der auch wegen seines wellig-knaurigen Aussehens „Wellenkalk“ genannt wird. In den Wellenkalk sind neben den Schaumkalkbänken weitere härtere Kalksteinbänke eingeschaltet. Besonders markant ausgebildet ist dabei ein Bohrwurmhorizont, etwa in Mitte des Aufschlusses. In jüngerer Zeit werden die Gesteine des Unteren Muschelkalks gebrochen v.a. zur Befestigung von Feldwegen genutzt (Schotter).

In diesem Aufschluss bestand neben der Betrachtung der Schichtenfolge sowie der Diskussion ihres Entstehens auch die Möglichkeit die eine oder andere Versteinerung zu finden.


Anschließend ging es entlang der Alten Straße den Berg hinunter Richtung Sulzthal. Auf dem Weg stellte uns Herr Roth eine für diesen Trockenstandort typische Wiese vor, die durch die Initiative des Naturschutzes „naturbelassen“ (ungedüngt) war und in voller Blüte stand. Insbesondere im unteren Teil begleiteten den Weg alte Mauern, die auf ehemaligen Wein- und/oder Obstanbau hinwiesen.

Im Altort von Sulzthal konnten wir an den hier verwendeten Massivbausteinen den Schaumkalk sowie (meist an Fensterumrandungen) auch Buntsandstein erkennen. Unser Weg führte nun zu einer Quelle, die im südlichen Altort entspringt und über einen Bach abgeleitet wird. Grundwasserleiter ist der z.T. verkarstete Untere Muschelkalk (Karst-Kluft-Grundwasserleiter). Das relativ konstante Schüttungsverhalten weist auf einen großen Speicher hin. Die Quelle wurde früher zur Wasserversorgung von Sulzthal genutzt. Da jedoch der Ort über dem Quellbereich/Einzugsgebiet liegt, lässt sich kein wirksames Schutzgebiet ausweisen.

Von der Quelle ging es nun entlang der Sulzthaler Dorfmauer südwestlich des Ortes hinauf Richtung Sportplatz. Entlang des Weges stellte uns Herr Roth die wichtigsten hier vorkommenden Pflanzen, Bäume und Büsche vor. Außerdem wies er uns auf einen alten, neben der Straße liegenden Keller hin. Er dient Fledermäusen als Quartier. Sie werden beim Einfliegen mittels Kamera/Blitz erfasst. Der eine oder andere Teilnehmer war nun allzu sehr interessiert …. Und siehe da, er wurde auch geblitzt viel Spaß beim Auswerten.

Beim Erreichen der Hochfläche kamen wir wiederum an einem kleinen Steinbruch vorbei. Hier wurde oberflächennah ebenfalls der Schaumkalkbereich abgebaut.

Auf der Hochfläche lief nun ein fast ebener Weg zum Parkplatz zurück. Hier hatten wir sehr schöne Weitblicke auf die Rhön und konnten so noch einmal die Zusammenhänge von Geologie und Morphologie auf uns wirken lassen.


Auf diesem Weg zeigte uns Herr Roth wiederum eine Vielzahl von typischen Pflanzen. Besonders erwähnenswert war ein Standort kurz vor dem Parkplatz; hier blühte am Wegrand das „Weiße Waldvögelein“ (Abb. 3).


Die Wanderung dauerte etwa vier Stunden und fand ihren Ausklang im Gasthof Wahler in Ramsthal. Etwa 30 Personen nahmen bei sonnigem warmem Wetter daran teil.

Unser Dank gilt vor allem Herrn Konrad Roth, der diese Veranstaltung organisierte und uns wieder einmal an seinem großen Wissen teilhaben ließ; … ebenso auch allen Teilnehmern für ihr Kommen, ihre interessierten Fragen und Diskussionsbeiträge sowie Herrn Wolfgang Spieß für die Bilder.


27.06.09: Exkursion in die Sulzheimer Gipshügel –

Sommeraspekt

Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Gipsinformationszentrum Sulzheim GIZ

Referent: Erich Rößner, Alitzheim

Kurzbericht: Georg Büttner

Die Sulzheimer Gipshügel sind für Kenner der Pflanzen- und Tierwelt weit über die Grenzen Bayerns bekannt. Das Naturschutzgebiet ist vom trocken-warmen Klima und den speziellen Bodenverhältnissen des Gipskeupers geprägt. Auf diesem Untergrund erhielt sich eine besondere Flora, die Steppenheide. Meist werden die Gipshügel im Frühjahr von zahlreichen Menschen besucht, wenn sie Küchenschelle, Adonisröschen, Traubenhyazinthen etc. blühen. Wir aber hatten den Termin auf Ende Juni festgelegt, weil wir den typischen Sommeraspekt kennen lernen wollten.

Unser Exkursionsleiter, Erich Rößner, der als Naturschutzwart das Gebiet der Gipshügel betreut, machte uns mit den typischen Florengemeinschaften vertraut. Zur Einführung zeigte er uns bereits typische Pflanzen, die auf dem mit Mähgut aus den Gipshügeln künstlich angelegten Trockenrasen am Gips-Informationszentrum blühten. Hier konnte auch das typische Gipsgestein in Augenschein genommen werden.

Neben den aktuell blühenden Pflanzen wies uns Erich Rößner im Naturschutzgebiet (NSG) dann auf die Fruchtstände der Frühblüher hin. Außerdem konnten wir viel über Pflege des Naturschutzgebietes, Nutzung der angrenzenden Wiesen sowie über die hier vor vielen Jahrzehnten ortsfremd gepflanzten Kastanienbäume (und über ihre mögliche Zukunft) erfahren.

Der Hin- und Rückweg führte uns jeweils durch die Sulzheimer Flur. Hier beschäftigten wir uns mit den Pflanzengemeinschaften am Wegrand. Außerdem erfuhren wir einiges zur ehemaligen Gipsmühle am Unkenbach.

Ihren Abschluss fand die etwa 3-stündige Exkursion mit einem gemeinsamen Umtrunk im Landgasthof Fischer in Sulzheim. Die Exkursion war sehr gut besucht, im NSG wurde die jeweilige Information durch „Zuruf“ im „Gänsemarsch“ weitergegeben. Hier unterstützten v.a. Prof. Lothar Kranz und Dietlind Hußlein spontan den Referenten. Das sonnige Wetter hielt, trotz der sich ankündigenden, teils grollenden Gewitter. Erst als wir im Hof des Gasthauses saßen, setzte ein kurzer Regenschauer ein.

Fazit aller: Die Gipshügel sind auch im Juni einen Besuch wert! … Wobei ein derart geführter Besuch natürlich einen hohen „Mehrwert“ hat!

Unser großer Dank gilt Herrn Rößner für die Organisation und Durchführung dieser sehr informativen, abwechslungsreichen Exkursion … wir freuen uns bereits auf’s nächste Jahr!

18.07.09: PKW-Exkursion: Versteinerungen suchen und die Unterwelt erkunden – Fränkische Schweiz (Raum Ebermannstadt – Streitberg) –– Famlien-Exkursion

Referenten: Ralf Rudolph, Eltmann (Organisation) und

Dr. Georg Büttner, Hof / Schweinfurt

Bericht: Dr. Georg Büttner

Versteinerungen suchen … die Unterwelt erkunden

Zum dritten Mal in Folge fand unsere Familienexkursion mit bewährtem Team (Ralf Rudolph und Dr. Georg Büttner) in der Fränkischen Schweiz statt. Dieses Jahr machte uns allerdings das Wetter einen „Strich durch die Rechnung“. Trotz vieler Anmeldungen (über 30 Teilnehmer) kamen nach angekündigtem Temperatursturz und nächtlichem Regen nur knapp 20 Personen auf den Treffpunkt zur Burg Feuerstein.

Die Teilnehmer wurden jedoch nicht enttäuscht. Wir hatten ungewohnt gute Fundmöglichkeiten am aufgelassenen Steinbruch unterhalb der Burg Feuerstein, genossen den Weitblick ins Wiesenttal oberhalb Muggendorf, erlebten die „Unterwelt“ in der Rosenmüllerhöhle und der Regen wartete sogar, bis wir nach dem letzten Punkt wieder an den Fahrzeugen waren. Da bei dieser Exkursion das gemeinsame Sammeln und Erleben der Natur im Vordergrund stand, ließen wir es sehr ruhig angehen und besuchten nur zwei Lokalitäten, in denen wir uns ausreichend Zeit ließen.

Im Steinbruch unterhalb der Burg Feuerstein sind Bankkalke des Weißen Jura (= Malm Beta bis Gamma), aufgeschlossen. Sie kamen in einem Flachmeer zur Ablagerung. In diese Bankkalke sind Mergellagen eingeschaltet, die lokal besonders Fossil führend sind. Neben zahlreichen Resten von Ammoniten konnten eine geklappte, stark strukturierte Muschel, mehrere vollständig erhaltene größere Ammoniten sowie ein Seeigel gefunden werden. Besonderes Sammlerglück hatten dabei die Gäste von Herrn H. Feeß aus Thüringen sowie Werner und Felix Drescher.

Für den Punkt „Unterwelt“ hatten wir in diesem Jahr die Rosenmüllerhöhle bei Muggendorf ausgewählt. Der Weg vom Parkplatz dorthin führte uns über einen Aussichtsfelsen, vom dem aus sich das Wiesenttal bei Muggendorf überblicken ließ. Dort erarbeiteten wir zusammen mit den Teilnehmern die Fragenkomplexe der Tal- und Höhlenentstehung (z.B. warum liegen die Höhlen auf dem Berg, wenn sie durch Wasser entstanden sind und der Fluss heute deutlich tiefer fließt). Alle Teilnehmer machten begeistert mit, so dass bald schlüssige Erklärungen gefunden waren. Hier wiesen wir auch darauf hin, dass wir uns nun nicht mehr in der bankigen Ausbildung, wie in Feuerstein befanden, sondern dass der Aussichtsfelsen aus massigen Schwammkalken (ehemals Schwammriffen) aufgebaut ist.

Die Rosenmüllerhöhle war dann für viele der Höhepunkt des Tages. Diese Höhle ist nach dem Leipziger Anatomie-Professor Johann Christian Rosemüller benannt, der sie 1793 als erster Fremder erforschte (Kaulich & Schaaf 1993). Damals war der einzige Zugang ein Loch in der Decke, durch das man sich abseilen musste. Heute ist sie dagegen ebenerdig über einen künstlich angelegten Stollen zu erreichen.

Es handelt sich bei der Rosenmüllerhöhle um eine Kombination aus Schacht- und Hallenhöhle von bis zu 17 m Höhe. Die Haupthalle ist an ein Nordwest-Südost gerichtetes Kluftsystem angelegt, ihre Seitenwände sind außergewöhnlich glatt. Die NW-SE-Richtung ist eine der dominanten Verwerfungsrichtungen in Nordbayern (z.B. Fränkische Linie). In dieser Richtung verläuft auch eine Deckenkluft, entlang der zahlreiche Sinter abgeschieden wurden.

Der steil ansteigende Höhlenboden wird vollständig von einer Sinterdecke gebildet. Von der Decke hängen zahlreiche „sägezahnartige“ Sinterfahnen sowie Sinterröhrchen herab. Im oberen Teil führt ein kleinerer Gang in NW-SE-Richtung weiter, der schließlich durch einen querenden begrenzt wird. Dort finden sich noch einige schöne Tropfsteine. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, um den Sinterschmuck nicht zu zerstören.

Da die Rosenmüllerhöhle bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Schauhöhle war, ist die Haupthalle mit einer Treppe (Rundweg) ausgebaut. Daneben besitzt die Höhle noch eine zweite, tiefer liegende, nicht mit Wegen erschlossene Ebene, die ebenfalls der NW-SE-Richtung folgt. Ihr Einstieg liegt im Eingangsbereich. Einige mutige Teilnehmer wagten sich mit Ralf Rudolph auch in diesen Höhlenteil vor.

In letzter Zeit finden in der Haupthalle immer wieder unkontrollierte „Höhlenparties“ statt, so dass insbesondere der Boden von zahlreichen abgebrannten Teelichtern und Kerzen sowie von Wachsresten überdeckt ist. Wir wiesen hier ausdrücklich auf diesen Missstand hin … und darauf, dass eine zerstörte Sinterbildung, in menschlichen Zeiträumen betrachtet, unwiederbringlich zerstört ist. Das gleiche gilt auch für unsinnigerweise abgeschlagene Sinterfahnen.

Durch Ausschalten unserer Taschen- und Stirnlampen versuchten wir vollständige Dunkelheit zu erreichen. Aufgrund des Deckenschachtes war dies allerdings nicht ganz möglich, dennoch sehr eindrucksvoll. Außerdem versuchten wir gleichzeitig möglichst still zu bleiben, um die „aufschlagenden“ Wassertropfen zu hören.

Anschließend erleuchteten wir kurzzeitig die Höhle mit mitgebrachten Teelichtern, um zu zeigen, wie die Menschen am Ende des 19. Jahrhunderts die Höhlen erlebten. (Wir nahmen am Schluss unsere Teelichter natürlich wieder mit!) Eine kurzzeitige Beleuchtung beeinflusst hier die Höhle nicht, da durch den künstlichen Eingang und die Schachtsituation ständig eine Luftbewegung nach außen existiert. Dennoch sollte von einer längeren Beleuchtung mit Kerzen und/oder der Verwendung von Fackeln auf alle Fälle Abstand genommen werden, da dies unweigerlich zur Verrußung der Tropfsteine führen würde.

Voller neuer Eindrücke kehrten wir schließlich zu unseren Fahrzeugen zurück. Als wir beim Wechseln unserer Kleider waren, begann es schließlich zu regnen. Wir durften somit einen erlebnisreichen, fast trockenen Exkursionstag erleben. Die Exkursion fand (in kleinem Kreis) ihren Abschluss in der Kuchenmühle.

Großer Dank an Ralf Rudolph und seine Familie für die Organisation ( Anmeldeliste) sowie für die Mit-Führung,

Dank an alle Teilnehmer für ihr Kommen, trotz des unsicheren Wetters, die vielen Fragen und die gute Stimmung. Für Bilder danken wir den Herren Heiner Feeß, Dittelbrunn und Harry Schmitt, Bamberg.

Literaturhinweis:

Kaulich B. & Schaaf, H. (1993): Kleiner Führer zu Höhlen um Muggendorf. –– 125 S. Nürnberg


Tag des Geotops

20.09.09: PKW-Exkursion:

Geologisch - landschaftskundliche Wanderung auf die Nassacher Höhe

Referenten: Helmut Müller, Stadtlauringen und Dr. Georg Büttner, Hof / Schweinfurt

Bericht: Dr. Georg Büttner

Die Veranstaltungen des Tags des Geotops dienen dazu die Geowissenschaften in der Bevölkerung bekannter werden zu lassen. Selbst schwierigere geologische Zusammenhänge werden vereinfacht dargestellt, so dass sie möglichst für alle Teilnehmer nachvollziehbar werden. Der Naturwissenschaftliche Verein Schweinfurt beteiligt sich bereits seit 2004 an den Veranstaltung zum Tag des Geotops, die jeweils am dritten Sonntag im September bundesweit stattfinden. Schirmherrschaft für Bayern hat dabei der Geologische Dienst im Bayer. Landesamt für Umwelt.

In diesem Jahr besuchten wir die Nassacher Höhe. Ziel war es dabei die Teilnehmer einerseits mit der hier teilweise aufgeschlossenen Schichtenfolge vom Mittleren Burgsandstein (Sandsteinkeuper) bis zum unteren Lias vertraut zu machen, sie andererseits für den Haßberg-Randsprung zu sensibilisieren.

Die Veranstaltung war außergewöhnlich gut besucht. An der ersten Lokalität zählten wir knapp 50 Teilnehmer. Bis zur Rampertsmühle begleiteten uns etwa 45 Teilnehmer. Auf der letzte Schleife über den Burgsandstein-Steinbruch waren wir dann immerhin noch über 30. Der Teilnehmerkreis setzte sich etwa zu 30% aus Vereinsmitgliedern und 70% aus Gästen zusammen.

Entlang dieser Verwerfung stehen heute (verhüllt vom Hangschutt) Tonsteine des Gipskeuper neben Tonstein / Sandstein-Wechsellagerungen des Sandsteinkeuper an. Dabei wurde die nördliche Scholle nach unten bewegt. Sie stellt jedoch heute ein markantes Hochgebiet dar, weil dort härtere Gesteine anstehen als in ihrem Vorland. Ein solches Phänomen heißt in der geowissenschaftlichen Fachsprache „Reliefumkehr“. Die Vorgänge die zum heutigen Landschaftsbild führten, wurden nicht sofort von allen verstanden, konnten jedoch nach einiger Diskussion geklärt werden.

Im Umfeld des alten Sportplatzes von Nassach begann unsere Exkursion in den obersten grauen Tonsteinen der Estherienschichten (Gipskeuper). Von hier aus hat man einen wunderschönen Fernblick, vor allem nach Süden und Südwesten. Helmut Müller erklärte hier die Geologie der näheren Umgebung und erläuterte mithilfe mitgebrachter Schaubilder die Form des Germanischen Beckens, in dem die Gesteine zur Ablagerung kamen.

Nun führte uns unser Weg zunächst über Forststraßen in Richtung Nassacher Höhe und querte dabei den Haßberg-Randsprung. Die Störung an sich ist hier nicht exakt fassbar, weil sie von Hangschutt verhüllt wird. Der gesamte Bereich ist bewaldet, ein Aufschluss existiert nicht.

Auf halber Höhe des Anstiegs ist am Wegrand in einer kleinen Seitenentnahme die Dolomitische Arkose des Mittleren Burgsandstein aufgeschlossen. Diese wird aus kalk- und feldspatreichen sandigen Schichten aufgebaut (weiße Gesteine). Kurz hinter diesem Aufschluss verließen wir den hier hangparallel verlaufenden Wirtschaftsweg hangwärts. Von nun an ging es steil bergauf durch den Oberen Burgsandstein und die Tone des Feuerletten. Diese roten Tone waren allerdings nur in einem Wurzelteller eines umgestürzten Baumes zu sehen.

Unser nächster Halt war eine feucht-schlammige Verebnung, an der gelb-braune Sandsteine anstanden. Diese Sandsteine zählen bereits zum Oberen Keuper (Rhät). Sie stellen einen Kluftgrundwasserleiter dar. Dementsprechend ist der Vernässungsbereich auf Wasseraustritte (Schichtquellen) zurückzuführen.

Während der Sandsteinkeuper vorwiegend als Festlandsablagerung angesehen wird, stellen die Gesteine des Oberen Keuper eine Meeres-Ablagerung dar.

Der Weg führte nun zu mehreren Sandsteinaufschlüssen. Jeder Sandstein führt hier (an der Nassacher Höhe)einen speziellen Lokalnamen: im unteren Bereich: Nassacher Sandstein und Anoplophora Sandstein; im oberen Abschnitt: Cardium-Sandstein. Vor allem der Cardiumsandstein zeichnet sich durch eine verstärkte Fossilführung aus. Hier konnten auch die Kinder das eine oder andere Fundstück mitnehmen.

Für Diskussion sorgten zwei verschiedene Sandsteine (Nassacher und Anoplophora Sandstein), die hier relativ eng nebeneinander etwa im gleichen Niveau vorkommen. Zwei Erklärungsmöglichkeiten wurden vorgeschlagen:

1) Bruchtektonik

2) Die Sandsteine sind zeitgleich entstanden und weisen nur unterschiedliche Ausbildung auf.

Für die Variante 1 spricht vor allem ein in diesem Niveau gefundener Harnisch (tektonische Gleitfläche) in einem Sandstein. … Wenngleich ein Harnisch allein sicherlich keine endgültige Klärung erbringen kann!

Auf der Verebnungsfläche des Cardiumsandsteins konnte gut die geologische Kartierung nach der Morphologie erklärt werden. Denn oberhalb dieser Verebnungsfläche stieg das Gelände abermals an, um dann wiederum zu verflachen. Diese Verebnung wird wiederum von einer härteren Schicht gebildet, die bereits zum Lias Alpha zählt. Es handelt sich dabei um einen fein- bis mittelkörnigen, gelbbraunen Sandstein, den so genannten Angulatensandstein. Er ist nach dem Ammonit Schlotheimia angulata benannt.

Dieser Sandstein streicht unweit des Rennweges im Wald aus. Wir gingen nun den Rennweg im Ausstrich des Lias in nordwestliche Richtung weiter. Dann bogen wir wiederum nach links, hangabwärts in den Wald. Dieser Weg folgte einer neu angelegten Holz-Rückestraße. Nach einigen 100 m erreichten wir ein Quellgebiet, das durch künstliche Entwässerungsgräben gekennzeichnet ist. Beim Grundwasserleiter handelt es sich wiederum um Rhätsandstein.

Das Wasser wurde hier in historischer Zeit in Becken gesammelt und in der nahe, mitten am Hang gelegenen Rampertsmühle zum Mahlen des Getreides verwendet. Die Mühle ist inzwischen in ein Wochenendhaus umgebaut; von den Becken sind noch Reste erhalten. An der Rampertsmühle steht ein teilsanierter Bildstock aus einem feinkörnigen Keupersandstein (? Schilfsandstein). Ein Teilnehmer wies uns besonders auf die Rückseite des Bildstocks hin. Hier ist ein so genannter Gnadenstuhl abgebildet: Der Gekreuzigte wird von Gottvater gehalten.

Nachdem wir die Rampertsmühle hinter uns gelassen hatten, ging es wieder bergauf zum Rennweg. Diesem folgten wir zu einer markanten Gabelung, an der wir uns links hielten. Nach einigen hundert Metern erreichten wir rechter Hand einen großen Sandstein-Bruch. Hierbei handelt es sich um Burgsandstein, der etwa im gleichen Höhenniveau liegt, wie nur wenige 100 m östlich davon der Obere Keuper. Es fehlt also (mindestens) der Feuerletten. Dies zeigt, dass es sich beim Haßberg-Randsprung nicht nur um eine Verwerfung, sondern um ein regelrechtes Schollenmosaik handelt.

Von hier aus traten wir den Rückweg zu unseren Fahrzeugen an. Den Abschluss fand die Exkursion bei einem Nachkolloquium im Alten Backhaus in Nassach.

Die Exkursion dauerte ohne Anfahrt von Stadtlauringen nach Nassach etwa 4,5 Stunden. Wir lagen somit gut im angekündigten Zeitrahmen. Voller neuer Eindrücke, vielleicht doch etwas müde (immerhin waren wir in der Summe etwa 200 Höhenmeter hinauf und hinunter gelaufen) kamen wir in der Gaststube an.

Dank an alle, die mitgelaufen sind und an all diejenigen, die sich getraut haben uns mit ihren Fragen zu löchern. (Es gibt keine dummen Fragen!!!)

Großer Dank an Helmut Müller für Führung und perfekte Organisation, Dank auch an den Kartierer des Blattes Stadtlauringen, Herrn Sebastian Specht (aus Eilenburg) für die spontane Unterstützung.

Für Bilder von der Exkursion wird den Herren Walter Kuhn und Prof. Lothar Kranz gedankt.


17.10.09: Pkw-Exkursion:

Neubearbeitung der Geologischen Karte von Blatt Stadtlauringen

Referent: Dipl.-Geol. Sebastian Specht, Eilenburg

Der Diplomgeologe Sebastian Specht hat im Auftrag der Universität Würzburg und des Bayerischen Landesamts für Umwelt, Geologischer Dienst (LfU) das Kartenblatt Stadtlauringen geologisch neu aufgenommen. Er stellte uns seine interessanten Ergebnisse im Gelände vor.

Wegen des schlechten, für Mitte Oktober ungewöhnlich kalten (Höchsttemperaturen um 7°C), windigen und regnerischen Wetters hatten sich zu dieser Exkursion nur knapp 10 Teilnehmer zusammengefunden. Sie wurden durch eine exzellent vorbereitete Exkursion überrascht. Herr Sebastian Specht hatte für jede der besuchten Lokalitäten eine kleine Skizze angefertigt, mit deren Hilfe er die Besonderheiten aufzeigte. Außerdem erhielt jeder Teilnehmer ein kleines Geheft mit der topographischen Übersicht der besuchten Lokalitäten, den Normalprofilen sowie einer selbst entworfenen Darstellung. Hier war in mehreren Schritten die Ablagerung Tektonik heutiger Morphologie bis hin zum Abbild in einer geologischen Karte dargestellt. Diese Abbildung sollte auf die Unwägbarkeiten bei der Kartierung hinweisen.

Obwohl wir die Geologie fast ausschließlich aufgrund von Kartierbefunden in Augenschein nahmen, erklärte Herr Specht die besuchten neun Lokalitäten sehr transparent, so dass sie auch von den weniger versierten Teilnehmern gut verstanden werden konnten. Auf diese Weise wurde den Teilnehmern die Arbeitsweise eines kartierenden Geologen sehr gut nahe gebracht. Wegen der relativ kleinen Gruppe und der räumlichen Nähe der Lokalitäten konnten wir neun Exkursionspunkte besuchen, ohne dass ein Gefühl der Hetze entstand.

Wider Erwarten blieb es, zumindest von oben, während der gesamten Exkursion trocken. An der letzten Lokalität ließ sich sogar die Sonne blicken. Zum Abschluss konnten wir unsere reichlich dazu gewonnenen Erkenntnisse bei einer wärmenden Tasse Tee oder Kaffee und einer Brotzeit in Stadtlauringen diskutieren. An diesem Ausklang beteiligten sich alle Exkursionsteilnehmer, was die Begeisterung der Gruppe widerspiegelte.

Wir wollen uns an dieser Stelle noch einmal bei Herrn Sebastian Specht für die interessante, sehr gut vorbereitete Exkursion und den Exkursionsbericht (siehe unten) bedanken und freuen uns über seine Bereitschaft, im Jahr 2010 eine Exkursion auf dem Blattgebiet Maßbach anzubieten.

Ein Wort des Dankes auch an alle Exkursionsteilnehmer, die dem Wetter trotzten und sich in die nasse, kalte Natur mit uns auf dem Weg gemacht haben. Dank an alle Fotographen!

Exkursion zur Geologischen Karte von Blatt Stadtlauringen

Bericht: Sebastian Specht

Nach dem Treffen auf dem Marktplatz Stadtlauringen wurde der Startpunkt der Exkursion, der alte Sportplatz in Nassach angefahren. Er befindet sich in den höheren Estherienschichten (kmE), südwestlich der Haßberg-Südrand-Verwerfung. Hier erfolgte ein kurzer Überblick über die Geologie des Kartenblattes 5828 Stadtlauringen und eine Einführung in den geologischen Rahmen.

Anschließend wurde der erste Exkursionspunkt bei Wettringen angesteuert. Hier steht etwa bei 310 m ü. NN der Übergang des Oberen Muschelkalk 3 (mo3) zu den Unteren Tonstein-Gelbkalkschichten des Unteren Keuper 1 (ku1) an.

Der folgende Punkt befand sich südwestlich Aidhausen, innerhalb der Stadtlauringen – Wettringen – Kerbfeder Störungszone, im Ausbiss des Grenzdolomits (kuD). Besichtigt wurden die aus einer Baugrube entfernten, mächtigen Blöcke des Dolomits mit ihrer schichtweise sehr vielfältigen Fossilführung, u.a. auch Pflanzenführung.

Hierauf wurde die Tour Richtung südliche Blattgrenze nach Kleinsteinach fortgesetzt. Westlich des Ortes wurden ein ehemaliger Bruch im Werksandstein (kuW) sowie der Übergang von den Unteren Tonstein-Gelbkalkschichten des Unteren Keuper mit Hauptquarzitschieferplatten (ku1) in den Werksandstein besucht.

Den nächsten Exkursionspunkt bildete der Humprechtshausener Muschelkalkhorst in der Humprechtshausener Störungszone (auf ca. 360 m ü. NN). Innerhalb der nordwestlich von Humprechtshausen nur wenige hundert Meter breiten Störungszone konnten auf den Feldern der zerrüttete und mit Eisenleisten versehene Obere Muschelkalk 3 (mo3) besichtigt werden.

Anschließend erfolgte der Besuch der Rodungsinsel Reichmannshausen im Niveau des Werksandsteins (kuW) bzw. der Oberen Tonstein-Gelbkalkschichten des Unteren Keuper. Durch die tektonisch „ruhigen“ Lagerungsverhältnisse zeichnen sich die zuvor genannten Schichten durch einen weitflächigen Ausstrich aus.

Den folgenden Haltepunkt stellte der Geislertalbach östlich Reinhardshausen dar. Hier streichen die Unteren Tonstein-Gelbkalkschichten (ku1) mit einem nordöstlichen Fallen von ca. 3° aus. Tektonische Besonderheit dieser Lokalität ist im Talbereich ein kleiner Muschelkalkhorst mit rheinischem Streichen.

Im Anschluss daran steuerten wir einen kleinen Aufschluss in den Unteren Myophorienschichten (kmMu) des Mittleren Keuper, im Liegenden der Bleiglanzbank, nordöstlich von Sulzdorf (Stadtlauringen) an. Hier konnten sekundäre Gipsfällungen in Form von Bänderungen und so genannte Nathan’sche Quarzbreschen besichtigt werden.

An der in Bau befindlichen Straße Sulzdorf – Wetzhausen erfolgte ein kurzer Halt im Bereich der nordöstlichen Begrenzung der Stadtlauringen – Wettringen – Kerbfelder Störungszone (etwa beim Sammelplatz für Grünschnitt). Wir befanden uns hier im Ausstrich der Myophorienschichten (kmM), Niveau der Bleiglanzbank. Diese ist dort an einer Verwerfung um ca. 5 m versetzt (Herr Specht zeigte uns seinen Geländebefund auf einer Skizze, da die Böschung leider bereits mit Humus abgedeckt war).

Nun folgte ein kurzer Abstecher nach Mailes, auf das im Norden anschließende Kartenblatt 5728 Oberlauringen. Hier besuchten wir den Acrodus-Corbula-Komplex. Dieser stellt die Liegendgrenze der Estherienschichten (kmE) des Mittleren Keuper dar und wurde unlängst in den Medien bekannt, als dort das 1937 von Kuhn beschriebene Spurenfossil Annelidichnium triassicum (Steigerwald-Ichnium) wieder entdeckt wurde. Ihm galt die Besichtigung dieses Punktes.

Den letzten Exkursionspunkt bildete die Kerlachkapelle Stadtlauringen. Im oberen Bereich der Unteren Myophorienschichten des Mittleren Keuper gelegen, wurden dort die hochliegenden plio/pleistozänen Schotterterrassenrelikte besucht. Sie stellen letzte Zeugen eines heute nicht mehr existierenden tertiären Entwässerungssystems dar.

Nach einem abschließenden Blick über den westlichen Bereich des Blattgebietes Stadtlauringen erfolgte der Abschluss der Exkursion mit der Einkehr im Gasthaus Stöhr, Stadtlauringen, wo in geselliger Runde geologische Diskussionen erfolgten.


13.11.09: Vortrag:

Naturerlebnis Finnland – mit Ornithologen unterwegs

Referenten, Bericht und Bilder:

Dietlind Hußlein und Prof. Lothar Kranz, Schweinfurt

Mit Ornithologen durch Finnland

Geologie und Landschaftsgeschichte

Finnland „das Land der 1000 Seen“ - Zählungen ergaben 187.888 Seen, die größer sind als 500 qm und außerdem 81.530 Inseln, die größer sind als 0,3 qkm.

Finnland ist „uralt“. Bereits im Präkambrium (Urzeit der Erde) wurde aus dem Tiefengestein Granit der baltische Schild gebildet; einer der Urbausteine des europäischen Kontinents. Dieser Kontinent hatte jedoch weder vom Aussehen noch von seiner Lage her etwas mit dem heutigen Europa zu tun, sondern war mit der Vorläuferin des heutigen Nordamerika verbunden. Die beiden Kontinentalplatten lösten sich gegen Ende des Kambriums – vor ca. 570 Millionen Jahren – von einander, um viele Millionen Jahre später wieder aufeinander zuzudriften. Vor etwa 350 Millionen Jahren prallten sie dann gegen einander. Bei diesem Prozess wurde an der Westseite Skandinaviens ein riesiges Gebirge aufgetürmt, dessen Relikte heute das Norwegische Hochgebirge darstellen. Mehr als 100 Millionen Jahre später, im Mesozoikum, lösten sich die Kontinentalplatten erneut voneinander: Der Atlantik entstand und Nordamerika wandert bis heute alljährlich zentimeterweise nach Westen. Durch die Gebirgsauffaltung im Westen bekam die ganze skandinavische Halbinsel im Querschnitt ein schräges Aussehen, d.h. dass sich der Subkontinent in Norwegen steil aus dem Meer erhebt und nach Osten (Finnland) stetig abfällt.

Die letzte Ausformung bekam Skandinavien durch die Kaltzeiten (im Quartär). Wie heute noch Grönland war Skandinavien in der letzten Eiszeit (mindestens 6 Eiszeiten soll es gegeben haben) von einem etwa 1000m mächtigen Eispanzer überlagert. Dieser „rutschte“ über das Gebirge, schliff dabei die Berge ab, hobelt Trogtäler aus und fräste jene flache Mulden in den Granit, die nach der Eiszeit sich mit Wasser füllten und zu unzähligen Seen wurden. Während der letzten Eiszeit war der Eispanzer am dicksten am Nordende des Bottnischen Meerbusens und in Finnisch-Lapp-land. Von hier wanderten die Gletscher nach Südwesten. Sie schmirgelten durch ihre mitgeführten Geröllmassen und ihr Gewicht den Untergrund nachhaltig ab. Welche Urgewalt hinter den Eiszeit-Gletschern steckte, macht in Südfinnland die 500 km lange zweifach gestaffelte Hügelkette deutlich, die als Endmoräne bis 233 m ansteigt.

Als das Eis nach der Eiszeit schmolz, wurde das Land von der Last der Gletscher befreit. Skandinavien, das während der Eiszeit tief ins Erdinnere gedrückt worden war, hob sich langsam - ein Prozess der heute noch immer nicht abgeschlossen ist (Hebung fast 1 cm pro Jahr). Diese Landhebung ist dort am stärksten, wo vorher der Eisdruck am größten war, nämlich im Norden des Bottnischen Meerbusens. So lag vor 4000 Jahren die Küste bei Oulu etwa 100 km weiter ostwärts. Finnland gewinnt durch die Hebung jedes Jahr ca. 7 qkm Land.

Klima und Vegetationszonen

Neben dem Untergrund und der Überformung durch die Gletscher ist das Klima ein prägender Faktor. Finnland liegt in der kalt-gemäßigten Klima-Zone. Der Polarkreis ― der 66½. Breitengrad nördlicher Breite ― verläuft nördlich von Oulu, also etwa mitten durch Finnland. Im Norden Finnlands ist die Vegetationszeit für die Bäume nicht lang genug. Sie brauchen für ihr Überleben mindestens 4 Monate des Jahres eine Monatsmitteltemperatur von mehr als 10°C. Dort, wo diese Bedingung nicht erfüllt ist, findet man baumlose Tundra.

Ende Mai / Anfang Juni war auf unserer Reise noch ein Großteil der Tundra verschneit und viel Treibeis auf den Flüssen. 30 – 40 % der jährlichen Niederschläge Finnlands fallen als Schnee. Der Sommer ist nur kurz. Ende Mai / Anfang Juni war im Norden dicke Winterkleidung angesagt.

All diese Voraussetzungen sind ausschlaggebend für die dort vorkommenden Pflanzen und Tieren.

So finden wir in Finnland 2 Vegetationszonen

  1. den borealen Nadelwald (auch Taiga genannt). Er nimmt den größten Teil Finnlands ein.

Fichten, Kiefern, Lärchen und als wesentlichen Laubbaum die Birke; einige weitere Baumarten sind Begleitarten.

Der boreale Nadelwald ist ein Urwald, der aber im Gegensatz zum Tropischen Regenwald sehr artenarm und aufgelockert ist. Demzufolge fällt das Licht bis auf den Boden. Der Boden ist mit Moosen und Flechten weich begrünt.

Der boreale Nadelwald Finnlands ist gekennzeichnet durch Wald und Seen. Man könnte also denken, dass man wegen der relativen Offenheit des Waldes quer durch die Wälder laufen könnte. Das ist ein Irrtum. Überall dazwischen liegen mehr oder weniger augenscheinliche kleine oder große weite Moore.

  1. die Tundra

In beiden Vegetationszonen gibt es viele Moore. Das Wasser kann nicht in die Tiefe versickern, weil entweder Fels ansteht oder in zu geringer Tiefe Dauerfrostboden vorliegt.

Reiseberichte

Unsere beiden Kurzreisen waren von finnischen und deutschen Ornithologen geführt.

Die erste Reise begann Mitte Mai 2006. Wir durchstreiften die Gebiete um Oulu und Kuusamo bis zur russischen Grenze (etwa auf dem 65. Breitengrad); also ausschließlich in der Zone des borealen Nadelwaldes.

Die zweite Kurzreise begann Ende Mai 2008. Bei dieser Reise führte uns der Weg von Kuusamo aus nach Norden in die immer offener werdende Taiga, schließlich in die Tundra und etwas über die Grenze nach Norwegen, um noch Meeresvögel beobachten zu können in den Bereich des Varangerfjordes und Nordmeeres.

Obwohl in Finnland 800 – 900 Braunbären und ca. 200 Wölfe vorkommen sollen und obwohl wir uns von sehr früh am Tag bis spät in der Nacht im Wald aufhielten, begegneten wir (leider) keinem einzigen dieser Großsäuger. Wir suchten natürlich vor allem Vögel.

Viele schöne Eulenbeobachtungen sind uns gelungen, so z.B.: Sperlingskauz, Raufußkauz, Habichtskauz, Sperbereule, Bartkauz in der Taiga und Sumpfohreule im hohen Norden. Raritäten für uns waren auch die Raufußhühner, nämlich Birk- und Auerhühner, sowie Haselhühner. In den Mooren beeindruckten außerdem Kraniche, Singschwäne und Limikolen. An den Seen viele Enten, Säger und Möwen; dabei waren für uns auch seltene Möwen z.B. Zwergmöwen. In der lebensfeindlichen Tundra waren die Alpen- und Moorschneehühner, der Mornellregenpfeifer, die Falken- und Schmarotzerraubmöwen, Greifvögel wie auch der Gerfalke Besonderheiten.

An der Küste begeisterten Scheckente und Odinshühnchen. Auf einer Felsinsel waren es die großen Kolonien der Dreizehenmöwen, aber auch Alken wie z.B. Tordalk, Trottellummen, Gryllteiste und der Papageitaucher ― alles Meeresvögel, die nur zum Brüten an Land, also zu ihrer Brutinsel kommen. Dort herrscht dann eine drangvolle Enge, viel Konkurrenz und Streit. Die am besten Angepassten haben den größten Fortpflanzungserfolg. So kann z.B. eine Eiform wie z.B. bei der Trottellumme, die das Herunterrollen vom schmalen Felssims minimiert, entscheidend sein, ob die Tiere einen Fortpflanzungserfolg verbuchen können.

Insgesamt haben wir auf der ersten. Reise 135, auf der zweiten Reise 129 Vogelarten gesehen.

Notizen zu einigen schönen Beobachtungen

Im borealen Nadelwald:

Das Sperlingskauz-Männchen konnten wir in der Dämmerung bei der Übergabe einer Maus an das Weibchen beobachten. Das Weibchen kam dazu aus der Höhle und übernahm die Maus.



Das Bartkauz-Weibchen konnten wir mit dem Spektiv aus großer Entfernung lange auf dem Horst betrachten und fotografieren. Das Männchen sitzt in der Nähe so, dass es den Horst einsehen kann; allerdings ganz an einen Baumstamm angeschmiegt und meist von Ästen noch verdeckt; zu unserer großen Freude entdeckten wir es trotzdem (s. Bild links).

An anderer Stelle im Wald meinte unser finnischer Guide könnten wir vielleicht den Habichtskauz finden: Lange warteten wir vergeblich. Es war schon nachts 12 Uhr und wir wollten nach 2-stündigem Warten aufgeben. Plötzlich rief er. Und dann konnten wir ihn noch im Dämmerlicht erkennen (es bleibt Ende Mai schon lange hell); schließlich flog er an einen anderen Ort. Auch dort konnten wir ihn noch als Silhouette wahrnehmen. Schließlich lösten wir uns und zogen heimwärts. Es war bereits 1 Uhr nachts.

Andernorts rieb unser Guide an einem Baumstamm unterhalb einer Schwarzspechthöhle. Prompt schaute der Raufußkauz heraus. Immer wieder ein begeisternder Anblick(s. Bild links).

Mitten in einer moorigen Wiese im Wald balzten Birkhähne. Einige Hühner liefen quer durch die Balzarena ― ein Anblick wie wir ihn uns in der Rhön auch mal wieder in diesen Mengen wünschen würden!!

An beiden Seiten unseres Fahrweges mit dem Auto durch einen Wald standen immer wieder Auerhennen in nur wenigen Metern von uns entfernt. Das Birk- und Auerwild werden in Finnland bejagt – eine Maßnahme, die für uns unfassbar ist.

An beiden Seiten unseres Fahrweges mit dem Auto durch einen Wald standen immer wieder Auerhennen in nur wenigen Metern von uns entfernt. Das Birk- und Auerwild werden in Finnland bejagt – eine Maßnahme, die für uns unfassbar ist

Unser finnischer Guide pfiff mit einer Pfeife, um eventuell Haselhühner anzulocken. Nichts tat sich. Noch einmal und wieder nichts. Dann plötzlich ein Pfiff. Das war doch nicht der Guide ― tatsächlich ein Haselhuhn. Dann war die Konkurrenz unter den Haselhühnern ausgebrochen. Dadurch ausgelöst konnten wir etwa 10 Tiere sehr schön beobachten, wenn auch immer hinter Zweigen versteckt.

Bei früheren Reisen nach Skandinavien fanden wir damals im August scheinbar blühende Pflanzen, die wir nicht so recht einzuordnen wussten. Erst nach genauerem Hinsehen merkten wir, dass es keine Blüten waren, wie wir vermutet hatten, sondern nur noch Kelchblätter. Die Früchte waren schon abgefallen oder abgeerntet. Es waren Moltebeeren. Diese Beeren gibt es nur in Skandinavien. Sie schmecken herrlich säuerlich aromatisch und werden gerne gegessen.

Die Fjells sind besonders artenarm.

Lange suchten wir nach dem Mornellregenpfeifer, der bei uns jeden Herbst als Durchzügler auftaucht – dort aber Brutvogel ist. Plötzlich verriet sich einer durch Kontaktrufe. Nun konnten wir gleich ein Paar entdecken. Das Männchen übernimmt bei den diesen Vögeln die Brutpflege. Deshalb ist es auch etwas schlichter gezeichnet.

Immer wieder waren Schmarotzerraubmöwen zu beobachten. Sie verfolgen Dreizehenmöwen, Seeschwalben, Papageitaucher oder Lummen so lange, bis diese ihre Beute fallen lassen, um dem Angriff zu entgehen. Die Schmarotzerraubmöwen und andere Raubmöwen fangen dann diese fallen gelassene Beute sehr geschickt auf. Das nennt man Kleptoparasitismus.

An einem Steilfelsen einer Vogelinsel im hohen Norden bei Vardø hat sich eine Kolonie von Dreizehenmöwen angesiedelt (links).- Jeder auch noch so winzige Felsvorsprunge wird von diesen Vögeln genutzt, um ihre Brut geschützt vor Feinden groß zu ziehen. Ihr zänkisches Geschrei ist gewaltig. Aber selbst diese kleinsten Felsvorsprünge (oft nur 10 – 12 cm) werden ihnen noch von anderen Vögeln streitig gemacht, nämlich von Lummen wie z.B. Dickschnabel- und Trottellummen.

Im Gegensatz zu den Dreizehenmöwen legen die Lummen ihr einziges Ei auf den nackten Fels. Durch die kegelförmige Form des Eies wird verhindert, dass es herunter rollt. Ein angebrütetes Ei rollt noch kleinere Kreise, da sich die Luftblase am stumpfen Ende vergrößert hat. Schwierig bei den Trottellummen ist die Ablösung der Brutpartner. Während des Brütens legen sie das Ei auf die Füße – wie wir das von Pinguinen kennen. Deshalb nennt man sie auch die Pinguine des Nordens. Die hohe Variabilität der Eifärbung verhindert, dass aus Versehen das Ei des Nachbarn untergerollt wird. Um Abstürze zu vermeiden, müssen die Jungen unnötige Ortsbewegungen vermeiden. Sie sind extreme Platzhocker. Sie suchen ständig Kontakt mit der rückwärts gelegenen Felswand. Nach 18 – 24 Tagen vollbringen sie den so genannten Lummensprung. Gelockt von den Alttieren nähern sie sich der Felskante gegen das Meer. Plötzlich tritt das Junge an die Simskante, macht einige Verbeugungen und stößt sich mit über den Rücken gehobenen Flügeln ab. Das Küken fliegt (es kann noch nicht aktiv fliegen!) dadurch im 45° Winkel ins Meer. Erst wenn das Küken abgesprungen ist, folgt der Altvogel nach.

Außerhalb der Brutzeit bewegen sich die Alken ausschließlich auf dem Meer nur schwimmend.

Die Alken bzw. Lummen sind bestens ausgerüstet für das Leben auf dem Meer. Ihre Beine sind weit hinten eingelenkt. Das macht ihnen zwar das Laufen am Land sehr schwer, aber das Schwimmen im Wasser umso leichter. Unter Wasser nehmen sie noch die Flügel beim Schwimmen zu Hilfe. Sie fliegen sozusagen unter Wasser und können so unglaublich beschleunigen.

Die Harlekine unter den Alken sind die Papageientaucher. Sie brüten kolonieweise in Höhlen an mit Gras bewachsenen steilen Küstenhängen. Zum ersten Mal konnte ich Papageitaucher so nah beobachten. Wenn wir in früheren Jahren in den Sommerferien an solche Felsen im Norden kamen, waren sie immer schon auf dem Meer ― weit weg von ihren Brutplätzen.

Auf dem Rückweg nach Kuusamo entdeckten wir am Straßenrand plötzlich balzende Kampfläufer (-Männchen) mit ihren verschieden farbigen Halskrausen. Jedes einzelne Männchen hat im Gruppenrevier nur ein ganz kleines eigenes Revier, das es durch Imponiergehabe gegen seine Nachbarn verteidigt. Kommt ein Weibchen vorbei, dann fallen die aufgeplusterten Hähne sichtlich zusammen; ihre spitzen Schnäbel versteckend. Nur noch die bunten Krägen fallen auf. Ein Bild des Erbarmens und für uns zum Lachen. Lange amüsierten wir uns und konnten uns nicht von diesem selten gewordenen Anblick trennen. Die Kampfläufer haben sehr tradierte Balzplätze, d.h. sie benutzen diese Plätze viele Jahrzehnte. Wird wie in diesem Fall eine Straße vorbei oder durch ein solches Gruppenrevier gebaut, dann balzen sie ungeachtet der Gefahren an derselben Stelle weiter, obwohl das für sie eventuell den Tod bedeutet. Sie suchen keine neuen Balzplätze.

Die Gegend ist äußerst dünn besiedelt. Ab und an findet man wohl für Touristen ein einfaches Holzhaus an der Straße, in dem man einen Kaffee bekommen kann. In der Nähe des Hauses oder am Haus sind meist Futterhäuschen oder Futterstellen angebracht, damit vor allem vorbeikommende Gäste Vögel aus der Nähe beobachten können. Manchmal sind das für uns Mitteleuropäer seltene Vögel wie z.B. der Hakengimpel oder uns vom Winter wohl bekannte Vögel, die aber in Skandinavien brüten wie z.B. Bergfinken, Birkenzeisige oder Rotdrosseln. Dort als Brutvögel konnten wir sie auch singen hören.

Auf einer Birke hinter einem solchen „Cafe“ führte uns ein Eichhörnchen sein ganzes Repertoire an Imponiergehabe vor. Schließlich erreichten wir wieder Kuusamo - unseren Ausgangs- und Endpunkt Wir verlassen ein Land, das für einen Naturfreund mehr als eine oder zwei Reisen wert ist.

Wir danken Frau Hußlein für den interessanten Vortrag und Herrn Prof. Kranz für die sehr guten, infomativen Bilder. Beiden großen Dank für den reichlich bebilderten ausführlichen Bericht.

27.11.09: Vortrag anlässlich des 200. Geburtstags des großen englischen Naturforschers Charles Darwin

Darwin – Mensch und Mythos zwischen Regenwurm und Revolution

Referent: Prof. Dr. Gerd Geyer, Würzburg / Hof

Kurztext: Vortragsankündigung desselben Vortrags am Bayerischen LfU in Hof

Kaum ein Naturforscher wird so sehr auf ein einziges seiner Werke reduziert wie Charles Darwin, dessen Geburtstag sich heuer zum 200sten mal jährte. Dabei ist die Evolution keine Erfindung Darwins. Sein Leben und Denken, das sich zwischen den Galapagos-Inseln und britischen Regenwürmern bewegte, war einerseits deutlich vielschichtiger als man gemeinhin annimmt, verlief andererseits aber deutlich trivialer als spätere Heldensagen uns glauben machen wollen.

Was hat Darwin, einen der Säulenheiligen der Naturwissenschaft, wirklich beschäftigt? Wie verlief sein Leben, wie seine Reise auf der Beagle? Was waren seine herausragenden Leistungen? Wo menschelte er?

Das Darwin-Jahr 2009 wartet mit gleich zwei Jubiläen auf: Zum einen wurde Charles Darwin vor 200 Jahren geboren, zum anderen erschien das Hauptwerk des britischen naturforschers „On the Origin of Species“ (Die Entstehung der Arten) vor 150 Jahren. Auch heute gilt Charles Darwin als einer der größten Naturforscher überhaupt.

11.12. 2009:

Naturwissenschaftlicher Treff Jahresabschluss

Jahresrückblick mit kurzem Diavortrag sowie allgemeinem Erfahrungsaustausch über Entwicklungen im Verein, Mitarbeit bei Arbeitskreisen und Programmgestaltung.

(Die Veranstaltung fand nach Redaktionsschluss statt.)